Neue Umnutzungsperspektiven und Developmentpotentiale für innerstädtische Einzelhandelsflächen und Kaufhäuser
Dass der Strukturwandel im Einzelhandel und die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen seit Jahren in den Innenstädten vermehrt zu Leerständen nicht nur bei
kleineren Ladenlokalen, sondern auch bei größeren Handelsimmobilien wie Kaufhäusern führt, ist nicht nur den Experten – mithin Ihnen – schon lange bekannt, sondern es ist auch für Laien und Kunden schlichtweg visibel.
Bei der Beantwortung der Frage, was als Nachnutzung nach oder als Ergänzung zum Einzelhandel in Frage kommt, kann aus unserer Erfahrung heraus eine Antwort sicher auch sein: „Einzelhandel, aber anders!“. Aber in diesem Beitrag soll es nicht um die klassische „Repositionierung von Kaufhäusern“ bzw. deren mögliche Umnutzung zu Geschäftshäusern oder Shopping Centern oder temporäre Pop-Up Nutzungen gehen, sondern um eine ergänzende Alternativnutzung, die sicher nicht an allen Standorten möglich ist, aber mehr und mehr von sich reden macht - nämlich eine Conversion von (Teil-) Flächen in Hotel- bzw. hotelähnliche Nutzungen (wie z.B. Boardinghäuser und Serviced Apartments).
Denn: Nicht nur im Handel herrscht Wandel. Auch der Markt der Hospitality Industrie verändert sich in den letzten Jahren drastisch, er profitiert aber innerhalb der Immobilienbranche derzeit wie kein zweiter von den veränderten Marktbedingungen. So finden zum einen aufgrund von veränderten Kundenansprüchen immer neue Lifestyle Hotelprodukte ihre Nische, die zum Teil synergetisch und komplementär mit dem innerstädtischen Einzelhandel zusammen wachsen oder diesen gar komplett substituieren, zum anderen stärkt ein verändertes Reiseverhalten der Bevölkerung daneben generell die heimische Hotelindustrie und ist mit Grund dafür, dass der deutsche Hotelinvestmentmarkt seit 2 Jahren alle Rekorde bricht und auch Hotels in B- und C- Städten bei guten sonstigen Rahmenbedingungen auf einmal investmentfähig sind. Daneben adaptieren die von vielen Hotelbetreibern oftmals ergänzend angebotenen „Serviced-Apartments“ die Entwicklungen der Wohntrends im Zeitalter der Urbanisierung, der Internationalisierung und aufgrund der veränderten Arbeitswelt.
Und im Lebenszyklus einer Immobilie sollte es - soweit bau- und planungsrechtlich möglich - im Interesse der Eigentümer liegen, auf all die Veränderungen in flexibler Form auch durch Nutzungsänderungen einzugehen.
Und fast jedem von uns wird eine Beispielimmobilie, mit der er im Laufe seiner Karriere schon einmal zu tun hatte, hierfür bekannt sein. Bei mir ist es so z.B. der ehemalige „Mariahilfer Zentralpalast“ in Wien, heute besser bekannt als das „La Stafa“ auf der Mariahilfer Straße in Wien, welches ich seinerzeit mal als junger Akquisiteur für einen deutschen offenen Fonds erworben habe und was damals hauptsächlich als Einkaufszentrum genutzt wurde. Heute befindet sich nach einer umfassenden und preisgekrönten Sanierung im Jahr 2015 über den Einzelhandelsflächen das „Ruby Marie“, welches wie viele moderne Hotelkonzepte keinen großen Antritt und Rezeption im Erdgeschoss mehr benötigt und in dem mit vielen Vintage Elementen an die Geschichte des Hauses erinnert wird.
Die Ruby Hotels scheinen sowieso die Nähe des Handels zu mögen, auch hier in Düsseldorf wird z.B. in Kürze in den alten Brune-Büroflächen über der Kö-Galerie das „Ruby Coco“ mit 92 Zimmern eröffnet.
Einige weitere prominente Beispiele für solche „Hospitality Conversions“ sind :
Resümierend lässt sich festhalten, dass jeder Asset Manager und Eigentümer, der eine Nachnutzung, Drittverwendung oder Ergänzung für bzw. zu seinen bisherigen Einzelhandelsflächen sucht, um das Thema Hospitality nicht mehr umher kommt, sobald gewisse für die Hotellerie notwendige Standortkriterien erfüllt sind und eine Conversion von Baurecht, Gebäudekörper- und Schnitt her sinnvoll erscheint und der Aufwand für eine Umnutzung insbesondere auch aus Schall- und Brandschutzthemen wirtschaftlich vertretbar ist. Aber das ist ein ganz anderes Thema...
Update, März 2019:
Die Zahl der Immobilien, für die mittelfristig eine Alternativ- oder ergänzende Nutzung gesucht werden muss, könnte sich vor dem Hintergrund einiger Geschehnisse im Wirtschaftsleben kurzfristig sehr schnell potenzieren. Denn auch wenn es nach dem Bekunden vom neuen Chef von Kaufhof/ Karstadt, Stephan Fanderl, keine umfangreichen Filialschließungen geben soll , bleibt abzuwarten, wie viele ehemalige Warenhäuser einer kompletten oder auch teilweisen Drittnutzung in den nächsten Monaten zugeführt werden – und auch, wie viele ehemalige Filialen aus dem weitverzweigten Netz von Deutscher und Commerz Bank einer etwaigen Fusion zum Opfer fallen würden. Dass sich bisher von Kaufhof oder Karstadt allein betriebene Warenhäuser aufgrund Ihrer innerstädtischen Lage grundsätzlich dazu eignen, auch Hotelbetriebe zu beherbergen, ist unbestritten und auch die Drittverwendungsfähigkeit von ehemaligen Bankgebäuden für solch eine Conversion scheint gegeben (wenn wir die umbautechnischen Probleme mit den ehemaligen Tresoren mal ausklammern) , vgl. hierzu als prominentes Beispiel das ehemalige Gebäude der Bayerischen Staatsbank in der Kardinal-Faulhaber-Straße 1 in München, welches 17 Monate lang als hippes und szeniges Pop-Up Hotel „The Lovelace“ betrieben wurde und nun bis 2023 von der amerikanischen Rosewood Gruppe in ein Luxushotel umgebaut wird.
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Erstveröffentlichung: Across Magazin (englischsprachiger Artikel vom 07.03.2018, https://www.across-magazine.com/retail-hotel-real-estate/) , Deutsche Übersetzung und das Update April 2019 erstmals veröffentlicht über The Property Post