Bevor die Coronakrise den Globus erfasste, war die Welt von der ständig wachsenden Globalisierung und Mobilität mit ansteigendem Individualverkehr geprägt. Dieser Mobilitätstrend kam mit der Pandemie innerhalb von wenigen Wochen abrupt fast zum Stillstand.
Die Ausgangsbeschränkungen und der wirtschaftliche Stillstand brachten die individuelle Mobilität zum Erliegen und verstärkten die Abwanderungstendenzen aus den dichtbesiedelten Mega-Metropolen.
Wanderungsströme
Die Amerikaner ziehen nicht nur in die Vorstädte, sondern bevorzugen anstatt der Mega-Metropolen (New York, San Francisco, Chicago, Washington D.C. u.a.) auch kleinere Metropolen (Austin, Phoenix, Orlando u.a.) im Sun Belt der USA. Dieser Trend wird von einer Vielzahl von Faktoren begünstigt, die von der Bezahlbarkeit des Wohnraumes bis hin zu flexibleren Arbeitsplatzlösungen reichen. Die rasant steigenden Wohnungspreise in den Mega-Metropolen machen ein Eigenheim für viele erstmalige Hauskäufer unerschwinglich. Für diese Käuferschicht ist die Bezahl- und Finanzierbarkeit des Eigenheims ein entscheidendes Kriterium und lässt die preisgünstigeren Immobilien in den Vorstädten und dem Sun Belt attraktiv erscheinen. Zudem bieten diese Lagen einen höheren Freizeitwert (u.a. ganzjährige Outdooraktivitäten durch milde Winter) und meist bessere Schulangebote für Kinder. Seit 2011 ist das Bevölkerungswachstum in den Kernstädten konstant rückläufig und in den Vorstädten steigend.
Die Datenerhebungen des US Census Bureaus machen die Gewinner und Verlierer dieses Trends deutlich. Die Abwanderung kann in den Küstenmetropolen oftmals nicht durch die internationale Zuwanderung aufgefangen werden, welche durch die pandemiebedingten Einwanderungsbeschränkungen weiter abnehmen wird.
Der Preisvergleich für die Anmietung eines Lieferwagens von U-Haul für den Umzug innerhalb einer Stadt bzw. in eine andere Stadt ergibt ein ähnliches Bild. Beispielsweise wird bei der Anmietung für einen Umzug nach Austin, ein Markt mit hohem Zuzug, im Vergleich zur Anmietung innerhalb Austins ein Aufpreis von 832 USD fällig. Im Gegenzug wird bei der Anmietung für einen Umzug nach San Francisco, ein Markt mit Abwanderung, im Verlgeich zur Anmietung innerhalb San Franciscos ein Nachlass von 1.316 USD gewährt.
Begünstigende Faktoren
Die Abwanderungsbewegung aus den Städten in die Vorstädte und aus den Metropolen im Snow Belt in die des Sun Belts wird im Wesentlichen von dem Trend des Social Distancings, der Arbeit im Homeoffice, der Kürzung kommunaler Budgets, der lokalen Politik und der Demographie getragen. Erstere werden sich im Zuge der Entwicklung eines Impfstoffes oder Medizin gegen COVID-19 abschwächen und letztere werden auch lange nach einem Sieg über COVID-19 wirken.
1) Social Distancing
Durch die Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen verlieren Mietwohnhochhäuser in den Innenstädten an Attraktivität. Im gleichen Zug erfahren die Vorstädte aufgrund der geringeren Besiedelungsdichte und großzügigeren öffentlichen Räumen (Parks und Grünanlagen) eine höhere Beliebtheit.
2) Arbeit im Homeoffice
Die Einführung von Telearbeit und Nutzung des Homeoffices beschleunigte sich und wurde durch die Pandemie unverzichtbar. Einige Unternehmen werden diese Zeit mit hoher Disruption und Produktivitätsverlusten verbinden, wohingegen sich andere in der Förderung der Telearbeit bestätigt fühlen, da sie hierdurch dieselben Arbeitsergebnisse erzielen und Kosten sparen. Letztere werden die klassische Büronutzung zukünftig infrage stellen.
3) Kommunale Haushalte in der Krise
Die Einnahmen für die Kommunen und Bundesstaaten sind aufgrund von Entlassungen sowie der geringeren Wirtschaftstätigkeit eingebrochen. Die voraussichtlich folgenden Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand werden zur Verschlechterung des ÖPNVs, Schulsystems sowie zu höherer Kriminalität in Mega-Metropolen führen und dadurch deren Popularität als Wohnort abnehmen.
4) Lokalpolitik
Auf Bundesstaaten- und Lokalregierungsebene werden aufgrund der pandemiebedingt sinkenden Steuereinnahmen verschiedene Maßnahmen diskutiert. Diese Debatte reicht von Steuersenkungen zur Stützung der lokalen Wirtschaft bis hin zu Steuererhöhungen zum Ausgleich der sinkenden kommunalen Einnahmen. Voraussichtlich werden die Regionen langfristig gestärkt aus der Krise hervorgehen, die durch ihre Stimulusmaßnahmen Unternehmens- und Familiengründungen fördern.
5) Demographie
Die große Altersgruppe der Millennials hat in den letzten Jahren den Wohnungsbedarf stark beeinflusst und wird dies auch weiterhin tun. Die Millennials kommen nun in das Alter, in dem sie Familien gründen und dies bring typischerweise den Umzug in die Vorstadt mit sich, da der Wohnraum für eine Familie in der Kernstadt zu teuer und das Bildungssystem/-angebot ungenügend ist. Zudem zeichnen sich die Vorstädte durch mehr öffentlichen Raum (Parks, Strände etc.), geringere Kriminalität und weniger Verkehr aus.
Die Erschwinglichkeit von Wohnraum wird durch den Vergleich der durchschnittlichen Eigenheimpreise deutlich. Hierbei zeigt sich, dass diese bspw. in San Jose, San Francisco, L.A., Boston und New York um ein Vielfaches höher sind als in Städten im Sun Belt bspw. Houston, Atlanta und Jacksonville.
Investmentopportunitäten im Wohnsektor
Die vorgenannten Einflussfaktoren lassen vor allem das Wohnen in den Metropolregionen im Sun Belt attraktiv erscheinen. Eine weniger offensichtliche Begleiterscheinung ist die Attraktivität von Wohnsiedlungen mit EFHs zur Miete. Diese Siedlungen kombinieren die Vorteile von klassischen Mietwohnungsgebäuden (Angebot an Dienstleistung und Ausstattung) mit der Privatsphäre eines EFHs durch ein größeres Platzangebot und Garten, welche durch die Pandemie und für Familien attraktiv erscheint. Auch ist der Kapitalbedarf für die Anmietung eines Wohnhauses wesentlich geringer als beim Kauf und erhält die Flexibilität hinsichtlich der Orts- und Kapitalbindung.
Bevölkerungswachstum – Kernstadt vs. Vorstadt
Zu-/Abwanderung (Veränderung in %, 2019)
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Erstveröffentlichung: FondsBuch