Die Investorennachfrage nach Logistikimmobilien steigt
Die Corona Pandemie ist einer der wichtigsten Innovationtreiber für die Logistikbranche. Aufgrund der weltweiten Ausnahmesituation befindet sich Deutschland im zweiten Lockdown. Die wirtschaftlichen Gesamtfolgen sind momentan kaum zu erahnen. Der deutsche Immobilienmarkt ist unruhig und dennoch bis jetzt gut durch die Krise gekommen. Die Baustellen laufen weiter und die Investorennachfrage nach Logistikimmobilien steigt.
Zeitgleich verlieren andere Gewerbeimmobilien, wie z. B. Einzelhandelsimmobilien aufgrund monatelanger Mietausfälle an Wert. Logistikimmobilien bieten hingegen weiterhin konstante Renditen. Denn die Pandemie wirkt als digitaler „Brandbeschleuniger“ für die Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette und verleiht der Logistikbranche einen rasanten Wachstumsschub. Nie zuvor waren große Teile des Einzelhandels in Deutschland über Monate hinweg geschlossen. Branchenübergreifend werden Produkte nun vermehrt online verkauft. Infolgedessen steigt die Nachfrage nach Logistikflächen rasant an.
Um auch in Zukunft die hohe Nachfrage nach logistischen Dienstleistungen bedienen zu können, müssen insbesondere zentrumsnahe Last-Mile-Immobilien entwickelt werden. Nur sie können in Zusammenarbeit mit innerstädtischen Micro-Hubs den hohen logistikbedarf deutscher Großstädte abdecken. Denn die Informations- und Warenflüssen verkürzen sich rasant und das Themenfeld der „Mikro-Logistik“ gewinnt an Bedeutung.
In den Innenstädten hingegen erhöht sich der Leerstand. Kaufhäuser, die über Generationen geführt wurden, stehen leer und hoffen vergebens auf eine Nachnutzung. Wohnen in direkter Innenstadtlage ist jetzt wieder angesagt. Wohingegen im Einzelhandel oftmals für immer das Licht ausgeht. Infolgedessen werden viele Flächen für die Zwischenlagerung an Logistikdienstleister vermietet. Somit entstehen neue, kleine Logistikprojekte in direkter Innenstadtlage.
Aber auch außerhalb der Städte, entlang der Autobahnen werden noch viele neue Logistikimmobilien entwickelt und der Flächenumsatz steigt. Dies ist insbesondere wie in Abbildung 1 dargestellt, auf das steigende Marktvolumen im Logistiksektor zurückzuführen. In einer Studie des Fraunhofer Instituts wird davon ausgegangen, dass das Marktvolumen des Logistikmarktes in Europa auf 1.345 Milliarden € (1,345 Bill. €) bis zum Jahr 2024 weiter ansteigt. Dies stellt einen Marktzuwachs von 14 % dar, welcher durch die Entwicklung der letzten Monate noch einmal gestärkt wird.
Abbildung 1: Marktvolumen des Logistikmarktes in Europa bis 2024
Quelle: Fraunhofer SCS - Top 100 in European Transport and Logistics Services 2019/2020 - Executive Summary, S. 10
Aufgrund der positiven Marktentwicklung verschiebt sich die Investorennachfrage aus anderen Assetklassen hin zu Logistikimmobilien. Gleichzeitig steigen die Ansprüche an die Ausstattung und die Flexibilität dieser Art der Gewerbeimmobilien ungebremst an. Die Grundstücksverfügbarkeit für neue Projekte schwindet hingegen deutschlandweit. Allgemein werden viel zu wenig neue Grundstücke durch die Kommunen ausgewiesen. Gleichzeitig werden vorhandene Grundstücke mit hohen Lärmschutzauflagen belegt, welches eine uneingeschränkte Logistiknutzung oftmals beeinträchtigt. Die Verkürzung der Lieferketten fordern einen hohen Lieferverkehr. Die letzte Stunde der Zustellung wird zur größten Herausforderung der Logistikbranche.
Um das Problem der Grundstücksverfügbarkeit in Zukunft zu umgehen, geht der Trend hin zu mehrgeschossigen Logistikflächen. Somit plant der Projektentwickler „Four Parx“ bereits moderne, mehrgeschossige Logistikhallen, in denen mithilfe von Rampen auch das 1. Obergeschoss mit LKW‘s bedient werden kann.
Dennoch ist die Projektverfügbarkeit für Investoren knapp. Versorgungswerke und große Versicherungen die aufgrund ihrer Rentenausschüttung stabile Renditen bevorzugen, investieren zunehmend in Logistikimmobilien. Sie treiben die Kaufpreise in die Höhe. Um überhaupt noch ein gutes Projekt ankaufen zu können, erwerben viele Großinvestoren Projektentwicklungen als Forward Deal oder erwerben gleich ein ganzes Portfolio.
Das positive Marktumfeld lockt zusätzlich viele neue Investoren. Somit hat sich der Investorenstamm in den letzten Jahren vergrößert. Hintergrund ist auch die Stärkung Deutschlands als Industriestandort mit Hilfe neuer Fertigungstechnologien wie Industrie 4.0. Zusätzlich ist die Rendite im Gegensatz zu anderen Assetklassen bei Logistikimmobilien für Investoren noch attraktiv. Gleichzeitig lockt vor allem das hohe Wertsteigerungspotenzial der letzten Jahre. Wurden Logistikimmobilien im Jahr 2010 noch zum Faktor 15 gehandelt, so werden Objekte heute bereits zum über 25-fachen ihrer jährlichen Mieteinnahmen verkauft. Der hohe Anstieg bei den Kaufpreisen wird auf lange Sicht zum Dahinschmelzen der Renditen beitragen.
Hohes Wertsteigerungspotenzial bieten jetzt Bestandsobjekte mit Sanierungsbedarf. Bei diesen Objekten sollte hingegen die Logistiknachfrage am Standort breit gestreut sein und sich aus Industrie, Handel und Dienstleistung zusammensetzen. Zusätzliche Wertschöpfungspotenziale finden sich auch in den neuen, noch nicht so bekannten Lo-gistikregionen unseres Landes. Denn insgesamt hat sich das Standortnetz in den letzten zehn Jahren stark erweitert. Somit entsteht neues Potenzial für Logistikansiedlungen in Zukunft, insbesondere an den B- und C-Standorten. Jedoch lässt sich nicht jede Flächengröße an jedem Standort beliebig abbilden.
Infolgedessen muss die genaue Objektgröße individuell zur Nachfrage vor Ort passen. Je nach Bezug z.B. zur Automobil-industrie oder zum E-Commerce. Hinzu kommen die steigenden Lärmanforderungen der Behörden. Sie verhindern häufig den 24 Stundenbetrieb an sieben Tagen pro Woche. Dieser ist jedoch ein wichtiger Standortfaktor für viele logistische Nutzungen.
Ein weiterer Standortfaktor, der an Bedeutung gewinnt, ist die Verfügbarkeit von Arbeitskräften im Niedriglohnsegment. Insbesondere E-Commerce Unternehmen achten sehr genau auf die jeweilige Arbeitskraftsituation vor Ort. Um dem vorhandenen Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, setzt man zunehmend auf hochwertige Flächen. Das Thema „Wohlfühlens am Arbeitsplatz“ ist auch in der Logistikbranche angekommen. Um den Mitarbeitern zusätzlich eine passende Wohnmöglichkeit am Standort zu bieten, prüft man bereits die Verknüpfung von Logistik- und Wohnbauprojekten.
Die Investoren hingegen, achten vor allem auf die Drittverwendungsfähigkeit der Immobilien. Diese wird grundlegend durch die lichte Raumhöhe, gute Unterteilbarkeit im Grundriss sowie den direkten Autobahnanschluss bestimmt. Mithilfe dieser Parameter lässt sich das Ausfallrisiko der Immobilie positiv verringern. Denn schlussendlich sind die Mietvertragslaufzeiten rückgängig und neue Geschäftsmodelle fordern flexible Flächen. Zusätzlich fordern neue Regalsysteme höhere Hallen. Schließlich werden die Immobilien jetzt komplett digitalisiert. Es geht darum, die gesamte Lieferkette digital nachzuverfolgen. So soll gewährleistet werden, dass jedes Produkt weltweit zu jedem beliebigen Zeitpunkt nachverfolgbar ist. In diesem Zusammenhang spielt auch die am Standort vorhandene Stromversorgung eine wichtige Rolle. Verstärkt wird dieses Thema auch durch die E-Mobilität und den damit verbundenen hohen Strombedarf.
Im Gegensatz zu anderen Ländern sind die architektonischen Anforderungen an Logistikimmobilien in Deutschland hingegen noch sehr gering. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Anforderungen an die Qualität der Immobilien weiter steigen. Dies wiederum hat Einfluss auf die Renditen. Gleichzeitig steigen die Ansprüche an die Nachhaltigkeit der Immobilien. Von vielen Investoren wird eine in DGNB-Gold zertifizierte Immobilie bereits als Standard angesehen. Die Nachfrage nach Nachhaltigkeit beginnt dabei mit einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach und endet mit der LED-Beleuchtung im Gebäude. Hinzu kommen begrünte Fassaden und das Ansiedeln von Bienenvölkern auf dem Grundstück, um so ein ökologisches Gleichgewicht für das Umfeld zu erzeugen.
Zusammenfassend lässt sich folgendes festhalten: Viele Logistiknutzer weisen heute eine kurzfristige Flächennachfrage auf. Sie können ihren Flächenbedarf für die Zukunft kaum abschätzen. Daher sollten zukunftsfähige Immobilien möglichst zentrumsnah und flexibel sein. Nur so kann gewährleistet werden, dass eine optimale Lagerung, Verteilung und Auslieferung der Waren, auch in Wachstumsphasen, nie ins Stocken gerät. Insgesamt ist ein deutlicher Trend hin zu Multi-Tenant-Objekten sichtbar. Diese bieten aufgrund der kürzeren Mietvertragslaufzeiten gute Wertschöpfungsmöglichkeiten für Investoren. Jedoch ist der Managementaufwand im Lebenszyklus dieser Immobilientypen höher.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Dr. Gerd Niklas Köster, Studiendekan Immobilienwirtschaft, Hochschule Fresenius in Hamburg
Erstveröffentlichung: The Property Post, Januar 2021