Ein erster Erfahrungsbericht
Mit Inkrafttreten des Fondsstandortgesetzes (FoStoG) am 2. August 2021 hat der Gesetzgeber das geschlossene Sondervermögen als neue Anlagemöglichkeit im Spezialfondsbereich geschaffen. So unscheinbar der neu eingeführte § 139 S. 2 KAGB, wonach „Geschlossene inländische Spezial-AIF auch als Sondervermögen aufgelegt werden“ können, auch klingen mag; die hiermit verbundenen Möglichkeiten stellen im deutschen Markt ein Novum dar. Der nachfolgende Beitrag soll daher einen Überblick über das geschlossene Sondervermögen im Immobilienbereich geben und erste Erfahrungen aus der Praxis zu Vor- und Nachteilen des Vehikels darstellen.
Für das geschlossene Sondervermögen gelten zunächst die allgemeinen Vorgaben für geschlossene inländische Spezial-AIF in §§ 285f KAGB. Hiernach darf die KVG für das Investmentvermögen nur in Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelt werden kann. Weitere Einschränkungen bzgl. Art oder Mischung der Vermögensgegenstände existieren nicht. Anders als beim „herkömmlichen“ offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen in § 284 Abs. 1 KAGB, gibt es keinen Verweis auf die Vorschriften für Immobilien-Publikumsfonds, so dass in den Anlagebedingungen des geschlossenen Spezial-Sondervermögens die bei der offenen Variante üblichen Abbedingungen von den Vorgaben für Publikumsfonds entfallen können. Dies reduziert die Komplexität des Fondsvertrages bzw. der Anlagebedingungen und führt zu einer größeren Flexibilität, beispielsweise bei indirekten Immobilienerwerben über Objektgesellschaften.
Auch für das geschlossene Sondervermögen gilt jedoch, dass Immobilien mindestens jährlich durch die KVG selbst oder einen unabhängigen externen Bewerter bewertet werden müssen.
Nach gängiger Aufsichtspraxis der BaFin ist der Grundsatz der Risikomischung im Bereich der offenen Fonds nur dann gewahrt, wenn ein Investmentvermögen in mehr als drei Vermögensgegenstände mit unterschiedlichen Anlagerisiken investiert ist. Während die AIFM-Richtlinie keine derartigen Vorgaben macht, sieht § 262 KAGB auch für geschlossene Publikumsfonds eine – allerdings etwas anders definierte – Pflicht zur Risikostreuung vor.
Das geschlossene Spezial-Sondervermögen jedoch ist, ebenso wie die geschlossene Spezial-InvKG, dem Grundsatz der Risikomischung nicht unterworfen. Es kann z.B. in nur einen Vermögensgegenstand oder in mehrere Vermögensgegenstände mit demselben Anlagerisiko investieren. Das Gestaltungsspektrum wird daher gegenüber einem offenen Spezial-Sondervermögen deutlich erweitert. Einen vergleichbaren Fondstyp in Vertragsform ohne zwingende Risikomischung stellt nicht einmal das bekanntermaßen flexible Luxemburger Investmentrecht zur Verfügung.
Grundsätzlich ist bei einem geschlossenen Sondervermögen weder eine Finanzierungs-, noch eine Belastungsgrenze zu beachten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) könnte jedoch zum Schutz der Anleger die Höhe der zulässigen Belastung der Vermögensgegenstände gemäß § 275 Abs. 2 KAGB beschränken. Auch der Umfang des Leverage, das für das Sondervermögen eingesetzt werden soll, könnte gemäß §§ 274, 215 Abs. 2 KAGB durch die BaFin beschränkt werden. Ferner macht § 285 Abs. 3 KAGB den Umfang der Gesellschafterdarlehen, die der Fonds an Immobiliengesellschaften oder andere Tochtergesellschaften vergeben darf, u.a. von der Höhe der Fremdfinanzierung auf Ebene des Fonds abhängig.
Investieren Versicherer, inländische Pensionskassen und Pensionsfonds oder andere der Anlageverordnung unterliegende Einrichtungen in ein geschlossenes Sondervermögen, gilt für die vorgenannten Anlegergruppen das Kapitalanlagerundschreiben der BaFin-Versicherungsaufsicht. Hiernach darf die Kreditaufnahme – bezogen auf den Verkehrswert des Immobilienbestandes des geschlossenen Sondervermögens – 60 % nicht überschreiten. Die (zusätzliche) kurzfristige Kreditaufnahme ist auf bis zu 30 % des Wertes des geschlossenen Sondervermögens beschränkt. Auch bei Kreditinstituten als Anlegern kann eine Beschränkung der Fremdfinanzierung erforderlich sein, um Anforderungen auf Ebene der Investoren zu erfüllen.
Eine maßgebliche Unterscheidung zum offenen Sondervermögen ergibt sich im Hinblick auf die Möglichkeit der Rückgabe der Anteile. Eine vorzeitige Rückgabemöglichkeit besteht für die Anleger eines geschlossenen Sondervermögens – wie auch bei der geschlossenen InvKG - innerhalb der festen Laufzeit des Fonds nicht. Während dieser festen Laufzeit sind eine Rückgabe der Anteile sowie sonstige Kündigungsmöglichkeiten für den Anleger de facto ausgeschlossen. Je nach Zahl der Anleger wird sich die KVG jedoch einem Verlangen der Anlegermehrheit nach einem vorzeitigen Abverkauf oder einer Liquidation des Fonds kaum verschließen. Sie hat die Möglichkeit, die Verwaltung des Fonds vorzeitig aus wichtigem Grund zu kündigen. Zudem haben auch die Anleger eines geschlossenen Sondervermögens die Möglichkeit, ihre Anteile auf dem Sekundärmarkt zu verkaufen. Der praktische Unterschied zu einem offenen Spezialfonds ist daher nicht so gravierend, wie es zunächst scheint.
Im Vergleich zur geschlossenen InvKG ist des Weiteren zu beachten, dass die Anleger eines Sondervermögens durch den Fondsvertrag Anteile bei der KVG zeichnen und erwerben. Sie werden nicht Gesellschafter einer von der KVG getrennten (Kommandit-)Gesellschaft; die KVG wird auch nicht durch Bestellungsvertrag mit der (Kommandit-)Gesellschaft bestellt, sondern ist wie beim offenen Sondervermögen regelmäßig Eigentümerin des Fondsvermögens. Dementsprechend dürfte ein späterer Wechsel der das Sondervermögen verwaltenden KVG idR aus (grunderwerb-) steuerlichen Gründen kaum ratsam sein.
Aus investmentsteuerlicher Perspektive ist zu beachten, dass ein geschlossenes Sondervermögen stets als Investmentfonds (sog. „Kapitel II-Fonds“) qualifiziert. Eine Einordnung als Spezial-Investmentfonds (sog. „Kapitel III-Fonds“) gem. §§ 25 ff. InvStG scheidet aufgrund der fehlenden Möglichkeit der jährlichen Anteilrückgabe sowie ggf. wegen der fehlenden Risikomischung strukturell aus.
Für Anleger bedeutet dies, dass inländische Immobilienerträge auf der Fondseingangsseite einer Belastung mit Körperschaftsteuer unterliegen können, da die steuerliche Transparenz des Fonds durch die sog. Erhebungsoption (§ 33 InvStG) nur für Kapitel III-Fonds hergestellt werden kann. Dies kann u.a. für steuerbefreite Investoren (z.B. berufsständische Versorgungswerke) nachteilig sein, wenn für diese wirtschaftlich – anders als in einen sog. Kapitel III-Fonds – eine Belastung mit Körperschaftsteuer auf Fondseingangsseite nicht vermieden werden kann. Für Zwecke der Gewerbesteuer bleibt es hingegen bei der Steuerbefreiung des Fonds, soweit die Vermögensgegenstände nicht aktiv unternehmerisch bewirtschaftet werden (§ 15 Abs. 2 InvStG). An einem (geschlossenen) Sondervermögen nach der Treuhandlösung können schließlich Anteile übertragen werden, ohne dass hierdurch Grunderwerbsteuer ausgelöst wird. Es findet – anders als bei der geschlossenen InvKG – kein zurechenbarer zivilrechtlicher Eigentumsübergang statt.
Das geschlossene Sondervermögen stellt eine erfreuliche Erweiterung der Produktpalette deutscher Fondsverwalter dar. Hervorzuheben ist insbesondere der fehlende Zwang zur Risikodiversifikation, wodurch sich interessante Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Aufgrund der steuerlichen Besonderheiten ist dieses Produkt jedoch nicht für jeden Anleger zu präferieren. Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob sich das geschlossene Sondervermögen als Investitionsvehikel bzw. Anlageform eignet oder nicht.
Insgesamt ist die Einführung des geschlossenen Sondervermögens nach unserer Bewertung als „Top“ einzustufen. Sie stellt – auch mit Blick auf Luxemburg - für bestimmte Anlegergruppen und Immobilien-Transaktionen - eine interessante neue Gestaltungsmöglichkeit dar.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von McDermott Will & Emery Rechtsanwaltskanzlei
Erstveröffentlichung: The Property Post, Januar 2022