Was passiert, wenn die Niedrigzinsphase endet?
Ein Grund, der immer wieder für die Attraktivität von Immobilien genannt wird, ist der Renditeabstand – also das Mehr an Ertrag aus Immobilien gegenüber festverzinslichen Anlagen wie beispielsweise Staatsanleihen. Das gegenwärtige Umfeld begünstigt hier die Immobilie; die Renditen sind deutlich höher. Was aber, wenn die Niedrigzinsphase endet? Dass dies viele Investoren beschäftigt, zeigt eine Online-Umfrage von Engel & Völkers Investment Consulting, in der institutionelle Anleger in Deutschland befragt wurden. Bei der Frage, welche aktuellen Trends Einfluss auf die künftigen Investitionsentscheidungen haben, geben 32 Prozent der Befragten die künftige Zinsentwicklung mit deutlichem Abstand als wichtigsten Parameter an. Danach folgen die Themen Nachhaltigkeit mit 13 Prozent und die demografische Entwicklung mit 11 Prozent.
Viele institutionelle Anleger berücksichtigen bereits eine mögliche Preiskorrektur durch etwaige zukünftige Zinsänderungen. Bei ihren Investitionen wählen sie konservative Verschuldungsgrade und halten eine ausgewogene Balance zwischen Eigenkapitalfinanzierung und Bankdarlehen, um das Risiko zu begrenzen. Bei Investitionen in Wohnimmobilien – die bei vielen Investoren dominierende Assetklasse – geben 40 Prozent der Befragten an, dass sie ihre Engagements mit 41 Prozent bis 60 Prozent Fremdkapital finanzieren. Rund 38 Prozent nehmen Bankkredite zwischen 61 Prozent und 80 Prozent des Wertes der finanzierten Objekte auf, und nur 2 Prozent finanzieren mit einem Verschuldungsgrad von bis zu 100 Prozent. Ein Hinweis auf die höheren Eigenkapitalanteile ist auch die bessere Finanzierungsbereitschaft der Banken als vor der Finanzkrise, was von rund der Hälfte der Befragten bestätigt wird.Nur 30 Prozent erkennen keinen Unterschied im Vergleich zum Zeitraum vor dem Jahr 2008.
Steigender Wohnimmobilienanteil bei Investoren
Derzeit bieten Wohnimmobilien noch gute Renditen, auch wenn der Nachfragedruck für starke Preissteigerungen und sinkende Anfangsrenditen sorgt. Institutionelle Investoren sind mittlerweile bereit, bis hin zum 22- bis 24-fachen der jährlichen Nettomieteinnahmen für deutsche Core- oder Core-Plus-Wohnimmobilien zu bezahlen. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren war der Preisanstieg teilweise rasant. Die Preise von Wohnimmobilien in Berlin beispielsweise sind im Schnitt jeweils um rund vier Faktoren in allen Lagen gestiegen. Aber trotz der aktuellen Hochpreisphase wollen weiterhin über die Hälfte der Befragten ihren Wohnimmobilienanteil im gesamten Immobilienportfolio in den nächsten zwölf bis 18 Monaten erhöhen. Mehr als 60 Prozent der Investoren wollen dabei bis zu 100 Millionen Euro in Wohnimmobilien anlegen. Mit jeweils 35 Prozent werden Wohnimmobilien in A- und B-Standorten gleich stark nachgefragt, und in C-Städten wollen immerhin noch 23 Prozent der Umfrageteilnehmer investieren. Bei den B-Städten rücken vor allem die Standorte mit positiven wirtschaftlichen und demografischen Prognosen in den Vordergrund. Hier bieten sich noch Chancen vor allem in B- und C-Lagen oder bei kleineren Portfolios ohne den sonst erheblichen Konkurrenzdruck anderer Bieter, wie es in den Top-7 Standorten der Fall ist.
Mietpreisbremse für Investoren unbedeutend
Gerechtfertigt werden die hohen Kaufpreise mit den erwarteten Miet- und Kaufpreissteigerungen für Wohnimmobilien.Das höchste Potenzial sehen die Befragten immer noch in den deutschen A-Standorten. Dort rechnen sie mit 3,4 Prozent Mietsteigerungspotenzial pro Jahr, in B-Standorten mit 2,9 Prozent und in C-Standorten mit 1,6 Prozent. Auch bei der Entwicklung der Kaufpreise von Wohnimmobilien rechnen rund zwei Drittel der Experten bei A- und B- Standorten mit weiter steigenden Preisen. In C-Städten gehen 24 Prozent der Befragten von steigenden Preisen aus.
Betrachtet man die erwarteten Mietsteigerungen nach A-, B- und C- Standorten, dann wird deutlich, dass viele Investoren ihren gesetzlich erlaubten Anpassungsrahmen bei ihren Mietsteigerungserwartungen nicht voll einkalkulieren. Daher ist es nicht erstaunlich, dass die Mietpreisbremse bei Investitionsentscheidungen für rund 70 Prozent der Interviewpartner keine Rolle spielt. Nur 13 Prozent planen aufgrund der gesetzlichen Regulierung, weniger in Wohnimmobilien zu investieren. Entscheidend ist vielerorts dabei nicht die von der Politik verordnete Beschränkung. Vielmehr gibt der jeweilige regionale Immobilienmarkt den Rahmen vor.
Bei indirekten Immobilieninvestments erwarten 80 Prozent der Experten im Durchschnitt eine Mietrendite zwischen 3,5 und 5 Prozent, bei direkten Investments haben über die Hälfte der Interviewpartner die gleiche Renditeerwartung. Im Vergleich zu risikolosen Anlagen wie Bundesanleihen bieten daher Wohnimmobilien trotz teilweise starker Preisanstiege weiterhin attraktive Renditen. Vergleicht man die Renditen von Bundesanleihen mit den erwarteten Mietrenditen von Wohnimmobilien, so besteht immer noch ein Abstand von mehr als 300 Basispunkten – im langfristigen Mittel liegt dieser eher bei 100 Basispunkten.
Moderater „Risk-Shift“
Zwar gibt es auch eine ansteigende Risikoneigung bei einem Teil der Investoren, um die Renditekompression auszugleichen. Diese sind bereit, auf zukünftige Mietsteigerungen zu setzen und zu einem erheblichen Teil mit einzupreisen. Mittlerweile nehmen Anleger teilweise auch Risiken wie Leerstand, Instandhaltungsstau oder Investitionen in Projektentwicklungen in Kauf. Oder sie verlagern ihre Investitionsstrategie von klassischen Bestandsimmobilien hin zu Studentenwohnungen, altersgerechtem Wohnen und Pflegeheimen, um noch entsprechende Renditen zu erwirtschaften. Eine weitere Möglichkeit, die genutzt wird, um hohe Renditen zu erzielen, ist der Erwerb von Immobilien, die sich noch im Entwicklungsstadium befinden. Aber die konservativen institutionellen Investoren wie Pensionskassen und Versicherer investieren weiterhin in Core-Objekte in A- und B-Städten.
Fest steht: Im institutionellen Bereich ist die Risikoneigung weiterhin gering. Künftige Risiken wie ein Ende der Niedrigzinsphase werden bei den Investitionen bereits einkalkuliert. Dies bringt zwar nur ein begrenztes Wertsteigerungspotenzial mit sich, aber die Sicherheit stabiler Einkommensströme steht hier im Vordergrund.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Engel & Völkers Investment Consulting GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilien & Finanzierung Ausgabe 24/2015