Orientierung im Förderdschungel
Günstigen Wohnraum bereitzustellen, ist eine der drängendsten Aufgaben der Politik. Für die Privatwirtschaft ist es durchaus lukrativ, geförderte Wohnungen zu schaffen und im Bestand zu halten. Der Renditeerfolg hängt aber vom Format der Förderungen ab, und die Bandbreite ist immens. Für privatwirtschaftliche Akteure ist diese Fragmentierung eine große Hürde. Das geht aus der Studie „Geförderte Wohnungen als Investment“ hervor, die bulwiengesa im Auftrag der INDUSTRIA erstellt hat.
Die Zinswende hat Investments in gefördertes Wohnen im Vergleich zum frei finanzierten Wohnen attraktiver gemacht, so ein zentrales Ergebnis der Studie. Entscheidend ist jedoch die Finanzierungsstruktur. Je höher die öffentlichen Zuschüsse und Förderdarlehen, desto weniger klassischer Bankkredit ist nötig, was in Zeiten steigender Zinsen den Ausschlag gibt.
Bis zu 4,0 Prozent Ausschüttungsrendite
Mit geförderten Wohnungen lässt sich in Immobilienfonds eine Ausschüttungsrendite von knapp einem halben Prozentpunkt über der von frei finanziertem Wohnungsbau erreichen. Insgesamt kann die Ausschüttungsrendite bis 4,0 Prozent betragen. Diese Werte hat bulwiengesa anhand von Fallbeispielen ermittelt, drei jüngeren Ankäufen von INDUSTRIA in Lörrach (Baden-Württemberg), Mainz (Rheinland-Pfalz) und Stein bei Nürnberg (Bayern).
Auch wenn die soziale Wohnraumförderung eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen ist, liegt die Zuständigkeit für die Durchführung bei den Bundesländern. In Ergänzung zu den Ländern haben Kommunen die Möglichkeit, mit eigenen Mitteln Förderprogramme zu gestalten. Aktuell nehmen dies nur 27 Städte wahr. Hinzu kommen Förderprogramme des Bundes. Wie gut sich immobilienwirtschaftliche Akteure mit den sich teilweise überschneidenden oder auch widersprechenden Förderinstrumenten auskennen, ist für den Erfolg eines Investments maßgeblich.
2021 war bisheriges Rekord-Transaktionsjahr
Transaktionen mit geförderten Wohnungen gibt es in nennenswertem Umfang in Deutschland erst seit 2016. Danach stieg jährlich sowohl die Zahl der Transaktionen als auch die Menge der verkauften Wohneinheiten. Der Übernahme der Deutsche Wohnen durch die Vonovia beeinflusste 2021 maßgeblich das Transaktionsvolumen, das eine Rekordhöhe erreichte. 2020 sorgte jedoch die Corona-Pandemie für einen Knick. Insgesamt wurden von 2016 bis zum ersten Halbjahr 2022 rund 31.000 geförderte Wohnungen als Neubau oder im Bestand verkauft.
Abb. 2: Verkäufer geförderter Wohneinheiten (©bulwiengesa AG)
Innerhalb dieses Zeitraums stammten die 20 größten Verkäufer von Förderwohnungen durchweg aus der Privatwirtschaft. Der größte Verkäufer ist die Deutsche Wohnen, was allerdings mit der Übernahme durch die Vonovia zusammenhängt. Auf dem zweiten Platz liegt die Dr. Albert Speck & Haus Baden GBR mit einem einzigen größeren Paketverkauf in mehreren NRW-Städten. Darauf folgen die Projektentwickler GBI, Instone und Bonava.
Abb. 3: Käuferstruktur geförderter Wohneinheiten (©bulwiengesa AG)
Bei den Käufern geförderter Wohnungen dominieren die privatwirtschaftlichen Unternehmen mit einem Anteil von 62 Prozent. Rund ein Drittel entfällt auf kommunale Unternehmen, während Genossenschaften kaum geförderte Wohneinheiten kaufen. Die ersten beiden Plätze der Top-20 Käufer belegen die Berliner kommunalen Unternehmen Howoge und Degewo, wobei der erwähnte Deal mit der Deutschen Wohnen einen Großteil der erworbenen Wohneinheiten ausmacht. Auf den nächsten drei Rängen folgen die privatwirtschaftlichen Unternehmen LEG Immobilien und Vivawest sowie die INDUSTRIA.
Insgesamt begünstigen die aktuellen Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt die Attraktivität des Investments in sozialen Mietwohnungsbau. Mit unkomplizierten und kreativen Maßnahmen kann die dringend benötigte Angebotsausweitung an Sozialwohnungen gelingen. Bund, Länder, Kommunen und private Investoren müssen dazu effizient zusammenarbeiten.
Abb. 4: Käufer geförderter Wohneinheiten (©bulwiengesa AG)
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INDUSTRIA WOHNEN GmbH
Erstveröffentlichung: Der Immobilienbrief Ruhr Nr. 147, November 2022