Share Deals
Immobilien-Deals können paradoxer sein als oft erwartet: Gesellschaft A veräußert eine Immobilie für zehn Millionen Euro, Gesellschaft B eine Immobilie für neun Millionen Euro. B erzielt aber einen höheren Gewinn nach Steuern. Der Grund: Die Transaktion von B wurde als Share Deal durchgeführt, während A in Form eines Asset Deals verkaufte. Denn für Kapitalgesellschaften als Verkäufer gilt eine weitgehende Steuerfreiheit des Verkaufserlöses, wenn die Transaktion als Share Deal durchgeführt wird. Bei einem Asset Deal dagegen ist der Verkaufserlös steuerpflichtig. Bei einer Kapitalgesellschaft werden Gewerbe- und Körperschaftsteuer fällig. Das Beispiel zeigt, warum Share Deals bei großvolumigen Immobilientransaktionen oft gefragt sind – und dies nicht unbedingt nur daran liegt, dass der Käufer sich die Grunderwerbsteuer sparen will.
Die Grunderwerbsteuer ist schon seit längerem ein bestimmendes Thema in der politischen Diskussion. Die in der Politik geäußerte Kritik am Share Deal und dessen Bezeichnung als „Steuerschlupfloch“ ist verwunderlich, wenn man bedenkt, dass sich der Staat selbst gerne eines Share Deals bedient, wenn es um die Privatisierung seiner Immobilienbestände geht. Exemplarisch sei hier die Veräußerung der bundeseigenen TLG-Wohnungen an einen privaten Investor per Share Deal erwähnt. Durch die hier ersparte Grunderwerbsteuer konnte der Bund einen deutlichen besseren Kaufpreis erzielen.
Derzeit erarbeitet eine Arbeitsgruppe im Auftrag der Finanzministerkonferenz der Bundesländer Möglichkeiten, die Besteuerung von Share Deals auszuweiten. Bis Mitte November wollen die Landesfinanzminister konkrete Vorschläge präsentieren. Derartige Bestrebungen sind nicht frei von rechtlichen Bedenken. Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrssteuer. Sie knüpft an Kaufverträge und Rechtsgeschäfte an, die einen Wechsel in der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über inländische Grundstücke bewirken. Bei einem Share Deal wird nicht das Grundstück erworben, sondern Anteile an einem Unternehmen. Eine wesentliche Absenkung des Grenzwertes unter 95 % ginge in Richtung einer Kapitalverkehrssteuer. Der Gesetzgeber fingiert, dass derjenige, der etwa 50 % der Anteile an einem Unternehmen erwirbt, zu 50 % Grundstückseigentümer wird. Die Kompetenz zum Erlass einer solchen Steuer liegt aber nicht bei den Ländern, sondern beim Bund. Die Einführung einer Kapitalverkehrssteuer im nationalen Alleingang verstieße zudem gegen geltendes Europarecht (RL 2008/7/EG). Bedenken bestehen auch im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatz. Als Sondersteuer auf Immobilien befindet sich die Grunderwerbsteuer in einem Spannungsverhältnis mit der Unternehmensbesteuerung. Während beim Erwerb von Unternehmen anderer Branchen keine spezifischen Transaktionssteuern anfallen, ist dies beim Anteilserwerb in der Immobilienwirtschaft anders. Eine weitere Herabsenkung des Grenzwertes führte zu einer Vertiefung dieser Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund.
Unabhängig von den Ergebnissen der Grunderwerbsteuerreform werden Share Deals jedoch auch in Zukunft nicht an Attraktivität verlieren. Der große Vorteil des Share Deals auf Käuferseite ist zweifelsohne der Wegfall der Grunderwerbsteuer. Bei der ganzen Diskussion um eine Reform der Grunderwerbsteuer gerät nämlich oft in Vergessenheit, dass derzeit der Immobilientransaktionsmarkt ein Verkäufermarkt ist. Die Nachfrage nach Immobilien übersteigt das Angebot bei weitem. Und dies wird – zumindest auf dem deutschen Markt – auch mittelfristig so bleiben. Die Verkäuferseite kann also weitgehend die Bedingungen der Transaktionen vorgeben und für diese ist der Share Deal oft die beste Option. Denn wenn die Transaktion als Share Deal so strukturiert wird, dass eine Kapitalgesellschaft Anteile an eine andere Kapitalgesellschaft veräußert, beträgt die effektive Steuerlast auf den Gewinn lediglich 1,5 Prozent. Ein weiterer Vorteil: Im Falle eines Share Deals verbleiben beim Verkäufer keine Verträge der veräußerten Gesellschaft und somit auch keine Verpflichtungen. Bei einem Asset Deal ist das nicht der Fall. Hier verbleiben die Verträge beim Verkäufer und der Verkaufserlös ist steuerpflichtig. Bei einer Kapitalgesellschaft werden dann Gewerbe- und Körperschaftssteuer fällig.
Aber trotz der genannten Vorteile werden nicht alle Transaktionen als Share Deal abgewickelt, wie ein Blick in die Statistiken zeigt. Insgesamt ist zwar seit 2006 mit den Erhöhungen der Grunderwerbsteuer auch die Anzahl der Share Deals gestiegen. Aber im Zeitraum von 1999 bis 2016 wurden nach Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) knapp 20 Prozent aller Akquisitionen – zumindest bei Wohnimmobilien – als Share Deals mit einer Beteiligungsquote von weniger als 95 Prozent vollzogen. Die Angaben beziehen sich auf Transaktionen mit einem Umfang von mehr als 800 Wohneinheiten, da nur hier die Daten vollständig vorliegen. Dagegen wurden zwei Drittel der Transaktionen als Asset Deal umgesetzt, so dass die Grunderwerbsteuer fällig wurde.
Wie die genannten Daten belegen, werden trotz steigender Grunderwerbsteuer viele Immobilientransaktionen als Asset Deal durchgeführt. Denn auf Käuferseite birgt der Share Deal auch Nachteile. Denn hier werden nicht nur eine Immobilie, sondern alle Rechte und Pflichten des Unternehmens mit an den neuen Eigentümer übertragen. Das beinhaltet auch Haftungsrisiken, die Investoren übernehmen müssen. Wenn die Historie der Immobiliengesellschaft intransparent oder nicht ordentlich dokumentiert ist, kann dies zu unkalkulierbaren Risiken führen. Dementsprechend ist eine genaue und damit kostenaufwendige Due Diligence unerlässlich. Diese darf sich nicht nur auf das Grundstück und die Immobilie beziehen, sondern muss auch alle anderen Aspekte der zu erwerbenden Gesellschaft berücksichtigen. Das umfasst unter anderem sonstige Vermögenswerte des Anlage und Umlaufvermögens, Forderungen, Verbindlichkeiten, Steuern, Arbeits- sowie Finanzierungsverträge und vieles mehr. Auch Joint-Venture-Verträge mit dem Minderheitsgesellschafter sind obligatorisch. All diese Punkte treiben die Transaktionskosten in die Höhe.
Zudem besteht ein Unterschied bei der Abschreibungsmöglichkeit des Kaufobjekts. Die Vermögensgegenstände sind bei einem Asset Deal als Anschaffungskosten auf Käuferseite voll abschreibungsfähig und vermindern so den zu versteuernden Gewinn in den Folgejahren. Etwaige Verlustvorträge bleiben zudem beim Verkäufer. Bei einem Share Deal ist das nicht möglich. Die erworbene Gesellschaft ist nicht abschreibungsfähig. Es wird nur der Buchwert der erworbenen Gesellschaft übernommen und wie bisher abgeschrieben.
Fest steht: Ein Share Deal ist im Verhältnis zum Asset Deal stets komplexer, aufgrund der Strukturierung und der aufwendigen Due Diligence. Die genauen Vor- und Nachteile des Share Deals gegenüber dem Asset Deal ergeben sich aus dem Einzelfall. Während die Unternehmensveräußerung im Wege eines Share Deals für den Veräußerer regelmäßig die bessere Wahl sein dürfte, wird die Erwerberseite in der Regel einen Asset Deal bevorzugen. Da aber der Markt derzeit von den Verkäufern geprägt wird und für diese die Vorteile des Share Deals eindeutig überwiegen, wird auch in Zukunft der Share Deal genutzt werden – unabhängig von einer Ausweitung der Besteuerung auf Käuferseite. In jedem Fall ist es wichtig, die gegenläufigen steuerlichen Interessen von Erwerber und Veräußerer zu analysieren und miteinander in Ausgleich zu bringen. Während der Veräußerer einen möglichst hohen Veräußerungspreis unter Vermeidung der aus dem Veräußerungsgewinn resultierenden Steuerbelastung und Auflösung stiller Reserven vermeiden will, möchte der Erwerber vor allem den Kaufpreis möglichst niedrig halten und diesen im Anschluss zeitnah abschreiben sowie Gewinne und Verluste der Zielgesellschaft steuergünstig vereinnahmen bzw. verwerten. Mögliche Interessenkonflikte können über den Kaufpreis ausgeglichen werden. Besteht der Verkäufer auf einem Share Deal, so wird der Erwerber ein Angebot machen, das die aus dem Share Deal resultierende Mehrbelastung beinhaltet. Andererseits wird ein Veräußerer einem Asset Deal nur dann zustimmen, wenn ihm der Erwerber ein entsprechendes Kaufpreisangebot macht, das die für den Veräußerer erhöhte Steuerlast mit einbezieht.
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Erstveröffentlichung: Institutional Money, November 2017