Hindernisse bei der Umsetzung bei Immobilienfonds im Bestand
Im Sommer 2024 hat die ESMA ihre Leitlinien zu Fondsnamen, die ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe verwenden, veröffentlicht. Hiernach müssen alle Fonds mit nachhaltigkeitsbezogenen Begriffen im Fondsnamen bestimmte Mindestanforderungen in ihrer ESG-Strategie erfüllen. Konkret muss u.a. ein Schwellenwert von 80% an Investitionen, die ökologische / soziale Merkmale berücksichtigen oder nachhaltige Anlageziele verfolgen, erfüllt werden. Weiter sind bestimmte Ausschlusskriterien einzuhalten. Abhängig von den konkreten Begriffen im Fondsnamen ist teils auch ein bedeutsamer Anteil von nachhaltigen Investitionen erforderlich. Sofern die Anforderungen der ESMA-Leitlinien nicht eingehalten werden können, muss der Nachhaltigkeitsbezug aus dem Fondsnamen gestrichen werden. Für neu aufgelegte Fonds sind die ESMA-Leitlinien bereits anwendbar, Bestandsfonds müssen diese ab Mitte Mai 2025 einhalten.
Gerade bei Bestandsfonds stellt die Umsetzung der ESMA-Leitlinien oftmals eine große Herausforderung. So sind die in Bestand gehaltenen Portfolien vielfach nicht dazu geeignet, die nach den ESMA-Leitlinien erforderlichen Mindestanforderungen an die ESG-Strategie zu erfüllen. Bei Immobilienfonds können die gehaltenen Immobilien oftmals auch nur mit erheblichen Kosten und zeitlichem Aufwand so aufgewertet werden, dass diese den nachhaltigkeitsbezogenen Mindestanforderungen gerecht werden. Gleichzeitig müssen jedenfalls bei Spezial-Fonds die Anleger an einer Änderung des Namens mitwirken, was wiederum voraussetzt, dass alle Anleger sich auf einen neuen Namen einigen können. Gerade bei älteren Bestandsfonds besteht oftmals auch nicht die Bereitschaft, den langjährigen Fondsnamen aufzugeben.
Diese Gemengelage wird bei Immobilienfonds dadurch weiter verkompliziert, dass bislang unklar ist, inwieweit die nach den ESMA-Leitlinien geforderten Ausschlusskriterien für Anlagen in Unternehmen auch bei Investitionen in Immobilien Berücksichtigung finden müssen. Während die Berücksichtigung von Ausschlusskriterien bei Investitionen in Unternehmen sinnvoll erscheint, äußern sich die EMSA-Leitlinien nicht dazu, was bei Investitionen in Sachwerte gelten soll. Naturgemäß können bei Investitionen in Immobilien Ausschlusskriterien für Investitionen in Unternehmen nicht unmittelbar angewandt werden. Eine Anknüpfung an die Mieter der Immobilien erscheint hingegen zu weitgehend und wird auch gar nicht flächendeckend umsetzbar sein. Daher stellt sich die Frage, ob diese Kriterien bei Investitionen in Immobilien schlicht nicht anwendbar sind oder ob hier etwa an den Verwalter selbst oder Dienstleister angeknüpft werden muss.
Sofern die Vorgaben der ESMA-Leitlinien an die ESG-Strategie nicht eingehalten werden können oder sollen und ein neuer Fondsname gefunden wurde, können sich hieraus bei Bestandsfonds mit Investitionsschwerpunkt Immobilien weitere Konsequenzen ergeben, die Aufwand und Kosten auslösen können. Neben einer Anzeige der Namensänderung bei der BaFin und einer Anpassung der gesamten Fondsdokumentation können im Falle einer Namensänderung auch Grundbuchberichtigungen erforderlich sein. Halten Fonds mit Rechtspersönlichkeit die Immobilien direkt im Bestand, ist der im Grundbuch eingetragene Eigentümer zu korrigieren. Sofern im Grundbuch ein Sperrvermerk eingetragen ist, in welchem der Fonds namentlich bezeichnet wird, ist diese Belastung entsprechend anzupassen.
Insbesondere bei Bestandsfonds ist die Umsetzung der ESMA-Leitlinien also oftmals mit einem erheblichen Aufwand verbunden und keine reine Formalität. Dies gilt unabhängig davon, ob die ESG-Strategie an die Mindestvorgaben der ESMA-Leitlinien angepasst oder der Fondsname geändert wird. Ob dieser Aufwand zur Erreichung des Ziels der ESMA-Leitlinien – die Vermeidung von Greenwashing durch Verwendung von Fondsnamen mit ESG-Bezug – gerechtfertigt ist, ist fraglich. Zwar wird durch die Festlegung bestimmter Schwellenwerte ein gewisses Mindestmaß bezüglich der Berücksichtigung nachhaltigkeitsbezogener Aspekte vorgeschrieben. Jedoch sind die Finanzmarktteilnehmer nach wie vor weitestgehend frei in der inhaltlichen Ausgestaltung der ökologischen / sozialen Merkmale bzw. nachhaltigen Ziele. Daher wird das Ambitionsniveau der ESG-Strategien von Immobilienfonds auch unter Berücksichtigung der ESMA-Leitlinien stark variieren. Weiter ist das inkonsequente Verhalten auf europäischer Ebene für Anleger nur schwer nachvollziehbar: Einerseits hat die EU auf Ebene der Offenlegungsverordnung keine Mindestquoten festgelegt und betont stets, dass solche auch nicht vorgeschrieben werden. Nun sind derartige Quoten aber für bestimmte Fonds aufgrund der ESMA-Leitlinien mittelbar zwingend. Daher werden durch die ESMA-Leitlinien, mittelbar nun doch Mindestquoten vorgeschrieben. Die ESMA-Leitlinien tragen daher nicht dazu bei, die Gemengelage der ESG-Regulatorik übersichtlicher zu machen, und fördern nicht die bessere Verständlichkeit für die Anleger. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der auf europäischer Ebene geplanten Novellierung der Offenlegungs-Verordnung und Einführung neuer Produktkategorien.
GSK Stockmann ist Partner der ESG Factory am 30. Januar 2025
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von GSK STOCKMANN
Erstveröffentlichung: The Property Post, Januar 2025