Umfassend digitalisierte Gebäude bieten notwendige Datentransparenz
Ein umfassend digitalisiertes Gebäude garantiert die Datentransparenz, die für das künftig von immer mehr Unternehmen zu veröffentlichende ESG-Reporting benötigt wird. Die Immobilienwirtschaft steht noch am Anfang, doch bis 2026 müssen praktisch alle kapitalmarktorientierten Unternehmen konkrete Informationen zum nachhaltigen Charakter ihrer Gebäude liefern. Dies wird nur mittels flächendeckender Sensorik und spezialisierter Software für das Facility Management gelingen.
Der Berichtspflicht unterliegende Mieter und Bestandshalter müssen in jährlichen Abständen transparente Daten zu ihren eigenen beziehungsweise zu den von ihnen genutzten Immobilien präsentieren. Dies umfasst insbesondere den CO2-Ausstoß der Gebäude, Wasser- und Energieverbräuche sowie das Abfallmanagement. Die Berichterstattung zur Umweltfreundlichkeit der Immobilien dient zum einen der politischen Zielsetzung, den für die weltweiten CO2-Emissionen hauptverantwortlichen Gebäudesektor nachhaltig umzubauen. Zum anderen gibt es jetzt bereits finanzielle Anreize: Denn die Energieunternehmen legen die Zwangsabgabe für Emissionen, die zum 1. Januar auf 45 Euro pro Tonne CO2 erhöht wurde, auf die Verbraucher um. Je weniger Kohlenstoffdioxid ausgestoßen wird, desto günstiger wird folglich der Energiebezug.
General- vs. Insellösungen
Der Anbietermarkt für spezialisierte Software hat sich hierzu bereits seit einigen Jahren breit aufgestellt. Vor diesem Hintergrund sind gleichwohl zahlreiche Insellösungen entstanden, die sich nur auf sehr bestimmte Bereiche der ESG-Regularien wie beispielsweise den Trinkwasserverbrauch beziehen. Etablierte Softwareproduzenten hingegen genießen den Vorteil umfassender Lösungen mit allgemeiner Schnittstellentauglichkeit. CAFM-Produzenten bieten bereits seit drei Jahrzehnten Software für Energieverbräuche, Flächenplanung oder vorbeugende Instandhaltung an. Das Produktportfolio hat sich den Marktanforderungen gemäß erweitert hin zu Lösungen für das Abfall- oder Reinigungsmanagement. Über CSV-Schnittstellen können die hierbei ausgewerteten Daten direkt mit dem ERP-System eines Unternehmens verknüpft werden. Das ESG-Reporting kann folglich über eine gemeinsame Plattform erfolgen, zu der auch Dienstleister aus dem Facility- oder Property-Management Zugang haben.
Sensoren als Nadelöhr
Transparente Messungen benötigen eine möglichst flächendeckende Sensorik. Neben den bereits gebräuchlichen Bewegungs- und Wärmesensoren, die Beleuchtung und Beheizung an der tatsächlichen Nutzung der Räume ausrichten, kommen zunehmend Sensoren an Papierkörben, Waschbecken oder Heizungsrohren zum Einsatz. Doch eine umfassende Gebäudedigitalisierung mittels Sensorik ist mit umfangreichen Anfangsinvestitionen und intensiven Wartungsprozessen verbunden. In einer Konzernzentrale können mühelos 20.000 Sensoren und mehr verbaut werden, um eine flächendeckende Digitalisierung zu gewährleisten. Eine solche Ausstattung ist mit hohen Anschaffungskosten verbunden, deren Mehrwert sich nicht auf den ersten Blick zeigt. Jeder Sensor muss außerdem mindestens jährlich geprüft werden. Die Energieversorgung der Messeinheiten erfolgt mitunter per Batterie — Wechsel und Entsorgung sind also weitere Kosten- und Emissionstreiber.
Mehrwert durch CO2-Preis und Mitarbeiterbindung
Die bestehenden Hemmnisse lassen sich jedoch durch diverse Mehrwerte kompensieren: Die noch in den Kinderschuhen steckende CO2-Bilanzierung samt umfassender Sensorik wird in den kommenden Jahren zum Standard werden. Maßgeblich wird hierfür die staatliche CO2-Bepreisung sein. Die Bundesregierung hat hierzu einen Spielraum definiert, der ab 2026 bis zu 65 Euro pro Tonne CO2 zulässt – eine mögliche Erhöhung von 45 Prozent gegenüber dem aktuellen Preis. Zudem wächst der technologische Fortschritt: RFID-Tracker können auf Kleinobjekten platziert werden, um jederzeit auf Standort und Zustand des Objekts zugreifen zu können. Die Einspeisung der Sensordaten in digitale Gebäudezwillinge führt zu einem optimierten Gebäudebetrieb, der die einzelnen Standorte und den Wartungsbedarf der Objekte im übersichtlichen 3D-Modell darstellt. Der Mehrwert der zugegebenermaßen hohen Anfangsinvestitionen ergibt sich folglich in der Betriebsphase. Die eingesparten Summen durch ein effizientes Facility Management können zu attraktiveren Mietkonditionen führen. Eine digitale Gebäudeausstattung ist nicht zuletzt ein Pluspunkt im Personalmanagement. Neue Mitarbeiter achten zunehmend auf die ökologischen Bemühungen ihrer Arbeitgeber. Zudem steigern digitale Applikationen die Zufriedenheit bei der Arbeit, wie eine Untersuchung des US-amerikanischen Smart-Building-Netzwerks Continental Automated Buildings Association (CABA) zeigte. Demnach sanken Krankheiten und Fehlzeiten in automatisierten Arbeitsräumlichkeiten um bis zu 20 Prozent.
Von der Datenerhebung zur Entscheidungsfindung mittels KI
Die flächendeckende Datenerhebung führt zwangsweise zu einer weiteren Prozessoptimierung durch Künstliche Intelligenz (KI). Damit erfolgt ein Sprung von der Datentransparenz hin zur Entscheidungsfindung. Bei neuen Flächenkonzepten oder anstehenden Sanierungsmaßnahmen kann KI perspektivisch mittels Chatbots konkrete Umsetzungsempfehlungen abgeben. Technologisch ist hierbei schon vieles möglich, doch in der aktuellen Marktphase steht vorerst die Kontrollierbarkeit der im Gebäude erhobenen Daten im Vordergrund. Der regulatorische Druck und das gestiegene Bewusstsein um einen nachhaltigen Gebäudebetrieb werden in den kommenden Jahren zu einer wachsenden Zahl „grüner Immobilien“ beitragen.
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Erstveröffentlichung: 05.04.2024