Chance gerade jetzt!
Der wichtigste Schlüssel zur ESG-Konformität von Immobilien ist die Verfügbarkeit aktueller und vollständiger Daten, gefolgt von verbindlichen Vorgaben und fachlicher Expertise. Das ergab eine große Umfrage unter Eigentümern und Asset Managern. Auch bei Einzelhandelsimmobilien gibt es Nachholbedarf – und große Chancen.
Im Sommer 2022 befragten Apleona Real Estate und Rueckerconsult Immobilienunternehmen zur ESG-Konformität von Immobilien. Der hohe Rücklauf und die offene Einräumung eigener Defizite, insbesondere bei den ESG-Aspekten „Enviroment“ und „Social“ waren dabei die bemerkenswertesten Erfahrungen. 88 Unternehmen nahmen teil. Davon sind mit 68 Prozent mehr als zwei Drittel als Immobilienbestandshalter sowie als Portfolio- und Assetmanager tätig. Bei den befragten Personen handelte es sich mehrheitlich um Führungskräfte großer Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. 73 Prozent der Befragten möchten innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre eine ESG-Konformität ihres gemanagten Immobilienbestandes erreichen.
Auf dem Weg zu diesem ambitionierten Ziel ist ihnen bewusst, dass noch viel zu tun ist: Die Frage, wo sie den Grad der ESG-Konformität ihrer gemanagten bzw. selbst genutzten Immobilien auf einer Skala von 1 (sehr niedrig) bis 10 (sehr hoch) einordnen antworteten sie im Schnitt mit 5,8.
Der Handlungsdruck ist hoch: Bei Nichterfüllung der ESG-Kriterien befürchten zwei Drittel der Befragten, dass die Immobilien ihre Marktgängigkeit verlieren und vom Einkaufszettel der Investoren gestrichen werden (Abb. 1). 61 Prozent rechnen mit steigenden Finanzierungskosten für nicht ESG-konforme Immobilien, und 56 Prozent mit einer rückläufigen Attraktivität der Immobilien für die Mieter und Nutzer.
Die Frage nach den größten Chancen weitgehend ESG-konformer Immobilien wurde am häufigsten (77 Prozent der Befragten) mit Kostenvorteilen durch niedrigere Energieverbräuche beantwortet (Abb. 2). 68 Prozent versprechen sich eine hohe Attraktivität nachhaltiger Immobilien für Investoren und 52 Prozent sehen Vorteile bei der Vermietung bzw. Nutzung.
Gefragt wurde auch nach den größten Herausforderungen bei der Umsetzung der ESG-Kriterien im Immobilienbestand. Die Antworten (Abb. 3) geben Hinweise darauf, wo der Handlungsbedarf im Immobilienmanagement am dringendsten ist: An erster Stelle steht für über 70 Prozent der Befragten die mangelhafte Datenlage, an zweiter Stelle fehlende verbindliche Vorgaben (60 Prozent) gefolgt von fehlenden Investitionsmitteln (40 Prozent). Aktuelle und vollständige Daten, insbesondere Verbrauchsdaten, sind für die Unternehmen mit Abstand der wichtigste Schlüssel zur Umsetzung von ESG-Kriterien – ein Punkt, den die sei auch weitgehend unter eigener Kontrolle haben.
Nachholbedarf sehen die Befragten in diesem Zusammenhang mit der Herausforderung der Bereitstellung aktueller und vollständiger Daten auch selbstkritisch bei ESG-geeigneten Reporting-Tools, internen ESG-Konzepten und allgemein bei der Inhouse-Expertise. Das widerspiegelt sich auch in den Antworten auf die Frage nach den Anforderungen an Property Managern für die Umsetzung von ESG-Strategien: Die meisten Befragten wünschen sich von ihnen den Aufbau von entsprechendem Knowhow und ein proaktives Vorgehen.
Die zweitgrößte Herausforderung ist das Fehlen verbindlicher Vorgaben. Hier entschied sich die Gesetzgebung zu Anfang bewusst für allgemeine Vorgaben, um der Branche Entwicklungsspielräume für Konkretisierungen durch die Entwicklung von Kennzahlen und Standards zu geben. Die Einflussmöglichkeiten der Unternehmen sind in diesem Entwicklungsprozess zwar gegeben, aber die Lösung des Datenproblems bleibt oberste Priorität. Reportings, Zertifizierungen etc. können unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung erst dann effizient realisiert werden, wenn die ESG-Daten zum Immobilienbestand vorhanden, zugänglich und jederzeit abgerufen werden können. Momentan mag die Situation mit den eher allgemein gehaltenen Vorgaben und verschiedenen Optionen, über die Nachhaltigkeit von Immobilien zu berichten, unbefriedigend sein. Die Entwicklungen in anderen Bereichen der Nachhaltigkeit haben aber gezeigt, dass die zunehmende Verbindlichkeit der Vorgaben nur eine Frage der Zeit ist.
Auch das Problem der fehlenden Investitionsmittel, die für die Mehrheit der Befragten hauptsächlich im Bereich der baulichen Maßnahmen erforderlich sind, wird sich im Zuge der Verbesserung der Datenlage lindern lassen. Wer Investoren und Finanzierern anhand seiner Objektdaten zeigen kann, wie sich bauliche Investitionen auf die ESG-Konformität auswirken, dem wird es leichter fallen, Finanzierungen zu erhalten.
Alle im Zuge der Umfrage offengelegten Handlungsfelder gelten selbstverständlich auch für Einzelhandelsimmobilien und hier in besonderem Maße für das Thema Energie und Gebäudeleittechnik. Je nach Nutzung und Berechnung sind die Energiekosten mit in etwa zwischen 1 Prozent des Jahresumsatzes im Nonfood-Einzelhandel und 2 Prozent im Foodbereich im Vergleich zu anderen Nutzungsarten hoch.
Im Nonfood-Bereich ist der Anteil der Wärmeenergie an den gesamten Energiekosten laut dem EHI Retail Institute mit etwa einem Drittel deutlich höher als im Lebensmitteleinzelhandel (22 Prozent). Der Foodbereich ist „stromlastiger“, da die bei der zur Kühlung eingesetzten elektrisch betriebenen Kältetechnik anfallende Abwärme gleichzeitig zum Heizen verwendet wird. Die Energieeffizienz und Datenverfügbarkeit in diesem Bereich zu verbessern, erfordert eine Konzentration auf Expertise und Knowhow. Neue sparsame technische Anlagen werden immer komplexer und vorhandene sind wegen Wartungs-, Instandhaltungs- und Bedienungsversäumnissen leider viel zu häufig und unbemerkt eher für die Energieverschwendung verantwortlich als für die Energieeinsparung.
Hier besteht die Chance, schnell und zunächst ohne kostspielige bauliche Investitionen Potenziale zur Verbesserung der ESG-Konformität zu heben. Je schneller das vor dem Hintergrund rasant steigender Energiepreise geschieht, desto größer die Chance, die Immobilie für Mieter, Nutzer und Investoren attraktiv und marktfähig zu halten. Externe ESG-Spezialisten wie Apleona Real Estate mit entsprechendem Optimierungs-Know-how können hier die notwendige fachliche Expertise einbringen.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Apleona Real Estate
Erstveröffentlichung: German Council of Shopping Places Magazin, Dezember 2022