Herausforderung Immobilienfinanzierung
Auf die Immobilienbranche kommt eine erhebliche Finanzierungslücke zu. Um Fremdkapital aufnehmen können, müssen Immobilienunternehmen immer mehr Eigenkapital vorweisen.
Finanzierungen, vor allem Anschlussfinanzierungen, gehören zu den drängendsten Problemen der Immobilienwirtschaft – jetzt und in den nächsten Jahren. Viele Immobilienunternehmen haben sich in der Niedrigzinsära langfristig mit günstigen Krediten versorgt, die sukzessive auslaufen. Für den Zeitraum von 2024 bis 2030 fehlen 25,3 Milliarden Euro zur Refinanzierung von Gewerbeimmobilien in Deutschland. Rund 60 Prozent der Finanzierungslücke müssen bereits bis 2026 gedeckt werden. Das prognostiziert der Immobiliendienstleister Colliers.
Wie es auf individueller Ebene zu solchen Lücken kommt, verdeutlicht eine Beispielrechnung: Ein solventer Bestandshalter hat 2020 eine Büroimmobilie im Wert von 100 Mio. Euro mit 65 Prozent Beleihungsauslauf finanziert. Er hat also 65 Mio. Euro Bankkredit bekommen. Würde er dieselbe Büroimmobilie heute finanzieren, wäre sie nach einer Preiskorrektur von 20 Prozent nur noch 80 Mio. Euro wert. Akzeptiert die Bank dann auch nur noch 55 Prozent LTV, erhält der Bestandshalter nicht mehr 65 Mio. Euro, sondern nur noch einen Bankkredit über 44 Mio. Euro. Die Differenz von 21 Mio. Euro muss durch zusätzliches Eigenkapital aufgebracht werden. Aber zum einen ist Eigenkapital eine begrenzte Ressource, zum anderen sinkt dadurch die Eigenkapitalrendite weiter ab.
Drei- bis viermal höhere Zinskosten
Auch die Finanzierungsbedingungen haben sich gegenüber der Niedrigzinsphase wesentlich verschlechtert: Die Zinskosten haben sich ungefähr verdrei- bis -vierfacht. Für Core-Objekte werden aktuell 3,5 bis 4,0 Prozent Zinsen bei einer Refinanzierung fällig, für Non-Core eher 4,5 bis 5,0 Prozent. In vielen Fällen reichen die Mieteinnahmen nicht mehr aus, um die Fremdkapitalkosten zu decken.
Wegen der gesunkenen Beleihungsausläufe und Immobilienwerte fordern Banken bei der Anschlussfinanzierung oft mehr Eigenkapital. Da dieses meist schwieriger zu beschaffen ist als Fremdkapital und ausreichend Eigenkapital die Voraussetzung für die Fremdkapitalaufnahme ist, gibt es gute Gründe, nicht nur von einer Fremdkapital-, sondern auch von einer Eigenkapitallücke zu sprechen.
Frisches Eigenkapital stammt oft nicht von der ursprünglichen Quelle, sondern von externen Eigenkapitalgebern wie Private-Equity-Fonds oder Joint-Venture-Partnern. Wenn die Refinanzierung einen Fonds betrifft, gibt es auch die Möglichkeit, dass die bestehenden institutionellen Investoren Eigenkapital nachlegen müssen. Falls Immobilienbestandshalter kein Eigenkapital nachlegen können, bleibt oft nur der Abverkauf eines Teils der Portfolios.
Mit Kreditfonds sind höhere Loan-to-Values möglich
Um die Fremdkapitallücke zu kompensieren, können Kreditfonds eine praktikable Lösung sein. Lange waren Immobilienkreditfonds vor allem bei Projektentwicklungen für den nachrangigen Teil des Beleihungsauslaufs im Fokus, also für Junior- und Mezzanine-Tranchen. Nur so ließen sich die Renditewünsche vieler Investoren in der Zeit der Nullzinsen bedienen. Heute übernehmen Kreditfonds zunehmend die Funktion des Senior- oder Whole-Loan-Partners. Mit Whole Loans lassen sich derzeit etwa 70 bis 75 Prozent Beleihungsauslauf abdecken, rund10 bis 15 Prozent mehr als bei einem Bankkredit.
Wenn das Darlehen von einem Kreditfonds stammt, sind die Zinskosten oft – aber nicht immer – höher sind als beim Bankkredit. Seit der Zinswende hat sich der Unterschied verringert, so dass Kreditfonds für Darlehensnehmer attraktiver geworden sind. Hinzu kommt, dass die Kreditentscheidung meist schneller und unbürokratischer erfolgt als bei einem Bankdarlehen.
Für Investoren bieten neu aufgelegte Real-Estate-Debt-Fonds, die Finanzierungen zu den heute am Markt erzielbaren Eckdaten neu ausreichen, ein sehr gutes Risiko-Rendite-Verhältnis. Beispielsweise erhalten konservative Debt-Investoren, die ausschließlich in Whole-Loan-Fonds investieren, auf Fondsebene je nach Risikostruktur aktuell bis zu acht Prozent Ausschüttung jährlich. Damit ist die Rendite höher als bei Eigenkapitalinvestments – und das bei moderatem Risiko. Zu dem signifikant besseren Chancen-Risiko-Verhältnis als vor der Zinswende kommen regulatorische Vorteile, z.B. im Bereich der Kapitalanforderungen beim Investor, hinzu.
Für die Kreditnehmer sind bei Kreditfonds die gleichen Faktoren für eine Darlehensvergabe ausschlaggebend wie bei den traditionellen deutschen Immobilienbanken: Bonität des Kreditnehmers sowie bei den besicherten Immobilien stabile Cashflows, Objektqualität, Nachhaltigkeitskriterien und Preisstabilität der jeweiligen Nutzungsart. Insgesamt können Immobilienkreditfonds die Finanzierungslücke nicht füllen, aber sie können einen Teil davon kompensieren.
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Erstveröffentlichung: FondsForum Blog, November 2024