Erfolgreiche Geschäftsmodelle durch digitale Revolution
Die digitale Revolution macht auch vor der Immobilienbranche nicht halt. Etablierte Geschäftsmodelle werden hierdurch in kürzester Zeit zerstört, neue Geschäftsmodelle entstehen.
Als im Juni 2015 das Bestellerprinzip für Makler eingeführt wurde - wer den Makler beauftragt, bezahlt ihn auch -, hielten viele Makler das für eine Existenzbedrohung. Maklerverbände legten Verfassungsbeschwerde ein. Eine schleichende, aber ungleich größere Existenzbedrohung verbirgt sich aber hinter dem Stichwort "PropTech": Für die Immobilienvermittlung, -beratung und -verwaltung vereinen Start-ups Big Data, Apps und Analysetools, die es bislang nur in anderen Branchen oder Spezialbereichen wie etwa der Hotelsuche gab. 3-D-Visualisierungstools, Online- Auktionsplattformen für Immobilien oder maßgeschneidertes Mieter-Vermieter-Matching über algorithmengestützte Portale sind nur einige Beispiele hierfür.
Noch verfügen die meisten dieser Start-ups nicht über eine ausreichende kritische Masse. Sie haben aber das Potenzial, zumindest im Massenbereich der Vermittlung von Wohnungen und kleineren Gewerbeimmobilien das klassische Geschäftsmodell der Immobilienvermittler abzulösen.
Bei der Immobiliennutzung selbst geht es derzeit vor allem darum, den Technikeinsatz in Gebäuden zu optimieren. Gewerbe- und Wohnimmobilien der Zukunft müssen digital vernetzt sein und überall einfache Kommunikation und schnellen Datenzugriff bieten. Mit Echtzeitdaten aus vernetzten Sensoren lassen sich Energieverbräuche schneller steuern und Instandhaltungen besser planen. Licht oder Temperatur können per Smartphone kontrolliert und individuell eingestellt werden.
Doch das alles ist noch keine Disruption. Die Immobilienwirtschaft sollte sich damit auseinandersetzen, wie die rasante technologische Entwicklung auch ihre traditionellen Geschäftsmodelle des Verkaufs oder der Vermietung von Flächen aus den Angeln heben kann. Airbnb oder Uber haben vorgemacht, wie man ohne eigene Infrastruktur und allein durch intelligente Vernetzung die Geschäftsmodelle etablierter Branchen wie Hotellerie und Taxigewerbe in Gefahr bringt. Amazon und Spotify haben über E-Reader und Musik-Streaming traditionelle Nutzungsarten und Vertriebswege abgelöst und damit eine enge Kundenbindung erreicht. Das selbstfahrende Auto der Zukunft wird nicht mehr an seiner Leistung gemessen, sondern daran, ob es ein optimal vernetzter mobiler Lebensraum ist, in dem man Geschäfte abwickeln, Märkte verfolgen oder im Internet einkaufen kann.
Datenmanagement bietet neue Geschäftsfelder für die Branche
Auch für die Immobilienbranche wird es künftig nicht mehr nur um die Bereitstellung guter Flächenqualität in geeigneter Lage zu marktfähigen Preisen gehen. Erfolgreiche Geschäftsmodelle werden die Technikanforderungen verschiedener Nutzungsformen wie Büro, Wohnen, Handel, Logistik oder Gesundheit stärker ins Visier nehmen und Gesamtnutzungskonzepte anbieten müssen. Kurzfristige Nutzungen im Wege von Shared-Office-Modellen werden stärker in den Fokus rücken - der große Erfolg von Carsharing in Großstädten zeigt das anschaulich.
Und bei der Bezahlung ist es denkbar, dass diese künftig nicht nur in Geld, sondern zum Beispiel (auch) in Daten erfolgt. Google oder Facebook bieten ihre Leistungen nur deshalb kostenfrei an, weil die Nutzer im Gegenzug ihre Daten zur Verfügung stellen. Die Immobilienwirtschaft verfügt bereits jetzt über zahlreiche Daten, derer sie sich nur (noch) nicht bewusst ist. Effizientes Datenmanagement bietet die Chance, neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Experten sagen voraus, dass bis zu 95 Prozent der derzeit tätigen Unternehmen aufgrund neuer Technologien vom Markt verschwinden werden. Auch die Immobilienbranche wird davon nicht verschont bleiben. Sie kann vom Silicon Valley lernen. Die Branche hat die Chance, eine Plattform für digitale Wertschöpfung in ihren Gebäuden zu sein. Gelingt ihr das nicht, wird sie nur noch eine - immer weniger wichtige - Hülle für die Wertschöpfung anderer.
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Erstveröffentlichung: Euro am Sonntag, Mai 2016