Prozessuale Digitalisierung von Projektentwicklung und Controlling
Wenn über Digitalisierung und Immobilien gesprochen wird, geht es meist um Smart-Building-Konzepte. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch die prozessuale Digitalisierung von Projektentwicklung und Controlling.
Der digitale Fortschritt beruht im Kern stets auf der schnellen Erfassung, Auswertung und Bereitstellung von Daten, und spätestens mit dem Siegeszug des Internets als Massenmedium wurde klar, dass dies potentiell nahezu alle Lebensbereiche berührt. Mögen der sich selbstständig neu bestückende Kühlschrank oder gar die vollständige Automatisierung häuslicher Verrichtungen, also das Internet of Things (IoT), auch für die allermeisten Menschen noch lange Zeit Zukunftsmusik bleiben, so erleichtern digitale Prozesse doch zunehmend den Alltag. Die Zahl der Neubauten in denen eine umfassende Verbrauchskontrolle für Strom, Wasser und Heizung verbaut wird, die Mietern und Vermietern gleichermaßen das Leben erleichtert, wächst sowohl im Wohn- als auch im Büro- und Gewerbesegment. Ökologische und ökonomische Vorteile gehen hierbei Hand in Hand. Dennoch beschreiben derartige Home- oder Office-Services, bzw. Erleichterungen für das Facility Management, so nützlich sie sein mögen, nur einen kleinen Teil der vielfältigen digitalen Möglichkeiten.
Die größten Vorteile der Digitalisierung für die Immobilienbranche werden erst jenseits der gebäudetechnischen Ebene sichtbar. Beispielsweise beim Blick auf das weite Feld der Business-to-Consumer-Beziehungen – Home Search Plattformen, Property Management Tools oder Portfolio- und Leadmanagement-Software für Immobilienmakler. In all diesen Bereichen hat sich die Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bereits umfassend durchgesetzt. Zudem entstehen beinahe täglich neue PropTech-Start-ups, welche die Anwendungsmöglichkeiten verbessern, erweitern und an die ebenfalls im Wandel befindlichen Lebensumstände und Arbeitsverhältnisse der Menschen anpassen. So ist in den letzten Jahren (bedingt durch befristete Arbeitsverhältnisse und höhere Mobilitätsbereitschaft) ein wachsender Teilmarkt für möbliertes Wohnen auf Zeit entstanden, der auf Dauer nur mittels digitalisierter Vermietungsprozesse zielgruppengerecht und effizient zu managen ist.
Doch nicht nur für Makler und Vermieter, sondern insbesondere auch für Projektentwickler bedeuten neue Softwaretools zur progressiven Datenverwaltung einen Quantensprung in Sachen Effizienz. Das gilt für die Steuerung von Planungs- und Ausführungsprozessen ebenso wie für die Finanzkalkulation. Beispielsweise arbeiteten Projektleiter noch vor kurzem zumeist mit selbst erstellten, hoch komplexen Excel-Tabellen, deren Funktionsweise oft nur für sie selbst handhabbar war. Problematisch war das vor allem aufgrund der Vielzahl von Akteuren bei jedem Projekt: Politik, Investoren, Banken, Architekten, Baufirmen, Projektentwickler und Kunden. Zwischen all diesen Beteiligten finden fortlaufend kommunikative Prozesse statt, die im Verlauf der Planungen zu einer Vielzahl von Änderungen führen. Und das wiederum bedeutet einen gewaltigen kontinuierlichen Datenfluss, der mittels solcher Excel-Tabellen kaum noch nachvollziehbar abzubilden ist. Änderungen konnten also schwer rückverfolgt werden, wurden daher in der Vergangenheit leicht mal übersehen und führten in der Folge zu Fehlern, die sich im schlimmsten Fall sogar negativ auf den Gewinn auswirken konnten.
Auf der Ebene der Gebäudeplanung ermöglicht heute das Building Information Modeling (BIM) eine für alle Projektbeteiligten zugängliche 3D-Modellentwicklung im virtuellen Raum, bei der enorme Datenmengen ohne Zeitverlust verarbeitet und Änderungen parallel auf allen davon betroffenen Ebenen ausgeführt werden können – von der Planungsphase über die Ausführung- bis hin zum Betrieb der Immobilie. Dabei werden die Konsequenzen jeder Korrektur sozusagen mit einem Mausklick offensichtlich – für alle, in Echtzeit und ganz ohne komplizierte, fehleranfällige Excel-Listen.
Gleiches gilt für jene Tools, die sich speziell dem Controlling von Projektentwicklungen widmen. Die Finanzanalyse-Software des in den Niederlanden schon länger etablierten Unternehmens Reasult etwa bildet die Projektkalkulation über den kompletten Entwicklungszyklus der Immobilie vollständig ab und ermöglicht jederzeit einen Soll-Ist-Abgleich sowie variable Szenario-Analysen. Dabei arbeitet das System sowohl mit fest verankerten Kennzahlen, die für alle Projekte der jeweiligen Nutzungsart zutreffen, als auch mit individualisierten, die nur für das konkrete Projekt gelten. Ändert sich ein Wert, werden die Folgen sofort sichtbar, und auch die Vorgeschichte jeder Änderung ist jederzeit nachvollziehbar. So können Projekte deutlich effizienter berechnet und nötige Korrekturen schneller ausgeführt werden. Diese von Deloitte zertifizierte Software liefert somit verlässliche Prognosen, unter anderem zur Gewinnerwartung, zur Eigen- und Fremdkapitalbindung, zum Cashflow, zum Deckungsanteil und zu möglichen Risiken. Zudem werden alle Ergebnisse parallel sowohl auf Projekt- als auch auf Portfolioebene berücksichtigt und auch hierbei alle Änderungen in der Projekthistorie sicher archiviert.
Es sind solche Software-Lösungen, welche die Digitalisierung der Immobilienbranche vorantreiben und früher oder später für alle Marktteilnehmer unausweichlich machen. Denn ihre Verwendung bedeutet für jene Unternehmen, die ihre Arbeitsweise bereits darauf umgestellt haben, einen offensichtlichen Wettbewerbsvorteil. Zum einen, weil Gewinne und Risiken intern besser kalkulierbar werden. Zum anderen, weil sich die Minimierung von Fehlerquellen und die Optimierung der Prognostik auch positiv auf die Compliance-Fähigkeit und also auf die Verlässlichkeit gegenüber Investoren und Joint-Venture-Partner auswirken. Die unternehmerischen Vorteile, die sich daraus ergeben, dürften sich auch jenen Projektentwicklern erschließen, die smarte Gebäudetechnologien weiterhin für verzichtbar halten.
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Erstveröffentlichung: The Property Post, August 2017