09.11.2016

Die Core-Satellite-Strategie

Auswege aus der Yield-Compression

Martin Eberhardt, (FRICS), Vorstandsvorsitzender der RICS und Geschäftsführer, Bouwfonds Investment Management Deutschland GmbH
Martin Eberhardt

Das allgemeine Zinsumfeld und die niedrigen Renditen von Core-Immobilien lassen den Investoren kaum eine Wahl: Sie müssen höhere Risiken eingehen, um die notwendigen Renditen erzielen zu können. Die Core-Satellite-Strategie ist ein intelligenter Ansatz, mit diesem Dilemma umzugehen: Rund um einen Kern aus Core-Immobilien wird ein Ring aus „Satelliten“ gelegt, der einen Diversifikationseffekt und bestenfalls auch noch höhere Renditen bietet. Dabei wird das für die Satelliten allokierte Kapital über verschiedene Segmente gestreut.

Während in den USA die Zinsen leicht angehoben wurden, können institutionelle Investoren hierzulande von höheren Zinsen nur träumen. Daher müssen Immobilieninvestoren mit immer ausgefeilteren Strategien gegen die Niedrigstzinsen ankämpfen. Eine reine Konzentration auf Core-Immobilien reicht nicht mehr aus, da auch hier die Renditen sehr stark gesunken sind und die Investitionsrisiken zugleich zunehmen. Wohnimmobilien in München bringen derzeit noch 2,8 Prozent, die Spitzenrenditen von Büros in den A-Städten sind im Lauf des Jahres 2016 unter die Vier-Prozent-Marke gefallen. Eine Möglichkeit, höhere Renditen zu erzielen ohne riskanter investieren zu müssen, ist die Core-Satellite-Strategie.

Diese basiert auf folgendem Konzept: Rund um einen Kern aus einem oder mehreren direkten oder indirekten Investments mit bonitätsstarken Mietern in Bestlage wird ein Ring aus sogenannten Satelliten gelegt. Dabei handelt es sich um Investments, die für einen Diversifikationseffekt sorgen und bestenfalls sogar noch eine höhere Rendite erzielen. Die Core-Investments bilden den sicheren und liquiden Sockel des Gesamtinvestments. Um Risiken zu reduzieren und die Renditechancen für das Gesamtportfolio somit zu optimieren, sollte das in die Satelliten investierte Kapital über verschiedene Segmente gestreut werden.

Welche Nutzungsarten können als sogenannte Satelliten fungieren? Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig. Beispiele sind etwa „Nischennutzungsarten“ wie Parkhäuser, Logistik, Student Housing oder Pflegeimmobilien. Daneben können aber auch Investmentstile mit höherer Risikoakzeptanz umgesetzt werden, so zum Beispiel Manage-to-Core, Value Added oder Opportunistic (Projektentwicklung). Auch geografische Satelliten sind denkbar, etwa Objekte an ausgewählten B- oder C-Standorten. Des Weiteren kommen auch eher Immobilien-ferne Anlageklassen wie Infrastruktur als Satelliten-Investment infrage. Wichtig ist dabei in jedem Fall: Jeder Satellit sollte eine höhere Rendite als das Core-Segment aufweisen, damit der Ertrag des Gesamtportfolios gesteigert werden kann.

Die Core-Satellite-Strategie macht es möglich, das Gesamtportfolio durch Investitionen in verschiedene Investitionsobjekte (Core- und Satelliten) zu diversifizieren und Wagnisse zu begrenzen. Selbst wenn der „Worst-Case“ eintritt und der ertragsstärkste Satellit, zum Beispiel eine Projektentwicklung, in einem Jahr keinen Ertrag abwirft, weil sich etwa die Baufertigstellung verzögert, kann die Gesamtrendite eines Core-Satellite-Portfolios dennoch höher liegen als bei einem reinen Core-Portfolio, das letztlich auf einer „Mainstream-Investmentstrategie“ basiert.

Risikominimierung durch Satelliten

Institutionelle, die die Core-Satellite-Strategie umsetzen wollen, stehen vor der Frage, in welche Satelliten sie investieren sollen. Ein immer beliebterer Satellit ist Student Housing. dDiese Nische ist mittlerweile bei Investoren etabliert und verbreitet. Das europaweite Transaktionsvolumen in diesem Segment summierte sich 2015 auf rund acht Milliarden Euro – mehr als das Doppelte des Transaktionsvolumens von 2014. Entsprechend sind die Anfangsrenditen auch hier gesunken – von rund 6,5 Prozent im Jahr 2014 auf knapp unter sechs Prozent im Jahr 2015. (Quelle: Real Capital Analytics, 2016). Moderne Studentenapartments weisen einen Renditespread von ca. 100 bis 150 Basispunkten im Vergleich zu klassischen Wohnimmobilien auf, bei nahezu gleich geringer Volatilität.

Neben Satelliten-Investments in Nischen-Asset-Klassen können Teile des Kapitals auch nach anderen Investment-Strategien angelegt werden. Ein Beispiel ist der so genannte Manage-to-Core-Ansatz. Dieser sieht vor, dass Anleger zweitklassige Immobilien mit Defiziten kaufen. Dies können beispielsweise Objekte mit einem Instandhaltungsstau oder mit einem partiellen Leerstand sein, die mit einem entsprechenden Abschlag erworben werden können. Die Probleme können dann durch aktive Management-Maßnahmen wie Refurbishments, Revitalisierungen oder sonstige Aufwertungen behoben werden. Im Moment ist dieser Absatz vor allem bei Wohnimmobilien beliebt. Eine professionelle Realisierung vorausgesetzt, ist das Renditepotenzial solcher Maßnahmen beträchtlich. Bei nicht mehr zeitgemäßen Büroimmobilien können damit beispielsweise Renditen von 6,0 Prozent erzielt werden. Fondsanbieter, die mit dieser Strategie im Wohnsegment aktiv sind, prognostizieren Auszahlungen zwischen 6,5 und 11,5 Prozent p.a. bezogen auf das investierte Eigenkapital.

Schlussendlich muss jeder Investor selbst entscheiden, wie hoch sein Anteil von Core-Immobilien bleiben soll und wie viel er in Satelliten investiert. Die Risikoneigung der Investoren ist in der Regel individuell verschieden, außerdem müssen einige Investoren bei der Asset-Allokation neben ihren eigenen Präferenzen auch regulatorische Vorschriften beachten (z. B. Solvency II). Dennoch lassen das allgemeine Zinsumfeld und die niedrigen Renditen von Core-Immobilien den Investoren kaum eine Wahl: Sie müssen höhere Risiken eingehen, um die notwendigen Renditen erzielen zu können. Die Core-Satellite-Strategie ist eine intelligenter Ansatz, mit diesem Dilemma umzugehen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Bouwfonds Investment Management Deutschland
Erstveröffentlichung: The Property Post, November 2016