05.03.2025

Daten als Schlüssel

Bestandsgebäude bewerten und nachhaltig transformieren

Michaela Föller, Abteilungsleitung Sustainability Consulting, Goldbeck GmbH
Michaela Föller

Der Gebäudesektor ist für über 30 Prozent der Gesamtemissionen weltweit verantwortlich. Ein Großteil des Energieverbrauchs entsteht dabei in der Nutzungsphase von Immobilien. Für Eigentümer, Asset-Manager und Betreiber von Immobilien steigt daher der Druck aufgrund neuer rechtlicher Regelungen. Insbesondere für den Betrieb von Bestandsgebäuden werden effiziente Lösungen benötigt, um Emissionen zu reduzieren und die globalen Klimaziele zu erreichen. Diese Anforderungen spielen eine zunehmend große Rolle im aktiven Asset-Management und können die wirtschaftliche Gebäudeperformance massiv beeinflussen. Daten bilden dabei eine belastbare Grundlage für eine realistische Objektbewertung der enthaltenen Chancen und Risiken.  

Die Bedeutung von Daten wird oft unterschätzt

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten gewinnt die Qualität von Immobilien zunehmend an Bedeutung. Die Immobilienlage bleibt ein zentrales Kriterium bei der Bewertung von Immobilien, doch auch andere Faktoren rücken stärker in den Fokus und werden zunehmend von Investoren gefordert. Um trotz volatiler Märkte fundierte und nachhaltige Immobilienbewertungen zu gewährleisten, ist eine solide Datenbasis unerlässlich.  

In vielen Fällen liegen die so bedeutend gewordenen Verbrauchsdaten zwar vor, oftmals sind diese jedoch verstreut über diverse Managementebenen, versteckt in physischen Aktenordnern und damit unzugänglich für Eigentümer, Asset-Manager und Bewerter. Neben der bisher unzureichenden Digitalisierung erfolgt die Beschaffung von validen Daten oft unregelmäßig. Vor allem ihre Qualität variiert dabei stark – insbesondere hinsichtlich Aktualität und Vollständigkeit. Es besteht demnach gravierender Nach- und Aufholbedarf.

Denn eines ist klar: Um den Wert von Bestandsgebäuden zu ermitteln und sie erfolgreich nachhaltig zu transformieren, sind eine exakte Erfassung und transparente Berichterstattung emissionsrelevanter Gebäudebetriebsdaten entscheidend – vom Heizen und Kühlen über die Beleuchtung und Wasserversorgung bis hin zu Nutzerverbräuchen. Ohne präzise Daten zu Energieverbrauch und Emissionen ist es für Bestandshalter kaum möglich, klare Ziele sowie wirtschaftliche Maßnahmen zu entwickeln, sie als integrale Bestandteile der Instandhaltungsstrategie umzusetzen und den daraus hervorgehenden Erfolg zu kontrollieren. Nur so können Klimaziele in einem dynamischen regulatorischen Umfeld erreicht werden.

Rechtliche Anforderungen drängen zur Eile

Die Landschaft der Gesetzgebung im Bau- und Immobiliensektor wird zunehmend komplexer. Verschiedene Regularien auf europäischer und nationaler Ebene fordern von Eigentümern, sich intensiv mit der Nachhaltigkeit und somit mit dem Wert ihrer Immobilien auseinanderzusetzen und diese aktiv weiterzuentwickeln. Basierend auf dem Green Deal der Europäischen Union (EU) ist in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Initiativen, Gesetzen und Richtlinien hinzugekommen. Diese Vorgaben bieten Chancen zur Optimierung des eigenen Bestandes, können aber gleichzeitig eine bürokratische und vor allem wirtschaftliche Belastung sein. Die Herausforderung für Immobilieneigentümer, Bestandshalter und Asset-Manager besteht darin, den Überblick über diese volatilen Anforderungen zu behalten. Ein frühzeitiges strategisches und datenbasiertes Vorgehen erleichtert die Navigation durch den Vorschriften-Dschungel erheblich. Ein Nachhaltigkeitsexperte kann mit individuellen Analysen und Strategien wegweisend und beratend zur Seite stehen.

Berichtspflichten verstärken den Druck

Nicht nur Asset-Manager und Immobiliengesellschaften müssen sich mit neuen Regelungen beschäftigen. Über die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden ab 2025 einige größere börsennotierte Unternehmen unter anderem zu ihrem Immobilienbestand berichtspflichtig. Diese Nachhaltigkeitsberichtspflicht wird Schritt für Schritt auf weitere Unternehmen ausgeweitet. Auch kleinere Unternehmen müssen sich daher bereits heute auf die Berichterstattung vorbereiten.

Für Immobilien, die Teil eines Finanzprodukts sind, gelten noch weitere Transparenzpflichten. Mit der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) werden Anbieter von Finanzprodukten ebenfalls zur umfassenden Veröffentlichung relevanter Informationen verpflichtet. Dies ermöglicht es Anlegern, die angebotenen Finanzprodukte auf die wichtigsten Nachhaltigkeitsauswirkungen hin zu überprüfen (z. B. Treibhausgasemissionen, Energieverbrauchsintensität, Mülltrennung und Recycling, Verbrauch von Baumaterialien oder Grünflächenanteile). Dies betrifft die Auskunft über den Investitionsanteil in Gebäude, die in Lagerung, Produktion oder Verkauf fossiler Brennstoffe involviert sind, sowie den Anteil der Investitionen in energieineffiziente Gebäude.

Das Ziel: Nullemissionsgebäude  

Der Weg und die Geschwindigkeit des EU Green Deal wurden mit der 2024 vom Europäischen Rat verabschiedeten Novelle der Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) geschärft. Das Ziel: Nullemissionsgebäude – Gebäude mit einer sehr hohen Gebäudeenergieeffizienz. Damit werden die Energieverbräuche gesenkt und der verbleibende Bedarf wird vollständig aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt. Zusätzlich werden zur Gesamtenergieeffizienz auch die Treibhausgasemissionen bewertet. Bis 2050 sieht die EU-Gebäuderichtlinie vor, dass alle Bestandsgebäude in Nullemissionsgebäude umgewandelt werden. Parallel ist ab 2030 das Nullemissionsgebäude als Neubaustandard gesetzt – bei öffentlichen Gebäuden bereits ab 2028. Die Bundesregierung ist nun in der Pflicht, die in der EPBD enthaltenen Regelungen bis Mitte 2026 in nationales Recht zu überführen.

Das GEG stellt verschärfte Anforderungen  

Ein Schritt zur Senkung der Energieverbräuche in der nationalen Gesetzgebung ist das zu Beginn des Jahres aktualisierte Gebäudeenergiegesetz (GEG), das neue Anforderungen an Bestandsimmobilien enthält. Kernstücke des Gesetzes sind eine Reduzierung der CO2-Emissionen sowie die Verschärfung der energetischen Anforderungen an Immobilien. Dies soll unter anderem durch eine erhöhte Transparenz der Energie- und Medienverbräuche gelingen. So ist gemäß dem GEG für Nichtwohngebäude mit einer Nennleistung von mehr als 290 Kilowatt die kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse der Verbräuche aller Hauptenergieträger sowie gebäudetechnischer Systeme zu gewährleisten. Damit wird ein umfassendes Energiemonitoring auch in Bestandsgebäuden verpflichtend.

Erste Handlungsschritte für vollständige Datenlage

Um fehlende Daten über Verbräuche im Gebäudebetrieb zu erfassen und damit die Datenqualität zu verbessern, sollten schon jetzt aktiv Maßnahmen eingeleitet werden. Konkrete Handlungsmöglichkeiten für Immobilieneigentümer sind beispielsweise Energiechecks, Energiemonitorings und die Optimierung energetischer Anlagen. Ein Energiecheck dient dazu, einmalig den aktuellen Energieverbrauch und die Effizienz eines Gebäudes umfassend zu bewerten. Dieser Status quo hilft, Bereiche mit hohem Einsparpotenzial zu identifizieren.  

Das Energiemonitoring geht noch einen Schritt weiter, indem es kontinuierlich Daten über den Energie- und Medienverbrauch liefert, die für die Feinabstimmung der Betriebsabläufe und die Maximierung der Energieeffizienz genutzt werden können. So gelingt es, die Kontrolle über die eigenen Verbrauchsdaten zu erhalten und weitere Optimierungspotenziale zu identifizieren. Die gewonnenen Daten schaffen die Grundlage für ein aktives Energiemanagement sowie für die Nebenkostenabrechnung und unterstützen bei Nachhaltigkeitsreportings sowie bei dem Erreichen der Klimaziele. Die Optimierung energetischer Anlagen zielt schließlich darauf ab, die Leistung bestehender Systeme zu verbessern, um den Energieverbrauch zu minimieren und die Nachhaltigkeit zu maximieren.

Diese Maßnahmen ergeben nicht nur aus ökologischer Sicht Sinn, sondern bieten auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile für Bestandshalter. Durch die Reduzierung des Energieverbrauchs und die Verbesserung der Betriebseffizienz können Immobilieneigentümer ihre Betriebskosten deutlich senken. Darüber hinaus helfen die Datenerfassung und die darauf basierende Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien, die Attraktivität der Immobilien unter anderem für Investoren zu erhöhen.

Künstliche Intelligenz als möglicher „Gamechanger“

Bei der Datenerfassung und -auswertung zur Immobilienbewertung kann künstliche Intelligenz (KI) künftig eine zentrale Rolle spielen. Doch welche Vorteile ergeben sich daraus und wo liegen Grenzen?

Einfacher, schneller, intuitiver: Die Immobilienbranche befindet sich in einem digitalen Wandel, der durch die Einführung von KI erheblich beschleunigt wird. Für Immobiliendienstleister wie auch Bestandshalter eröffnen sich dadurch vielfältige Nutzungspotenziale, die weit über die Prozessoptimierung hinausgehen. Eine tiefgehende und belastbare Analyse großer Datenmengen wird besonders im Rahmen von Nachhaltigkeitsreportings und der Bestandstransformation zunehmend wichtiger. KI-Technologien könnten beispielsweise Immobiliendienstleister unterstützen, Energieverbräuche, CO2-Emissionen oder soziale Indikatoren zu analysieren sowie zu bewerten und anschließend gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der ESG-Kriterien vorzuschlagen. Damit könnte KI im ESG-Consulting fundierte Nachhaltigkeitsanalysen ermöglichen und Immobilieneigentümer sowie Asset-Manager dabei unterstützen, die Nachhaltigkeitsperformance ihrer Immobilienportfolios zu optimieren und ESG-Ziele zu erreichen. Dies ermöglicht nicht nur objektive sowie verantwortungsvolle Investitionsentscheidungen, sondern auch ein proaktives Risikomanagement.  

Bei allen Potenzialen ist gleichermaßen menschliche Vorsicht geboten: Nutzer von KI-Technologien sollten KI-generierte Ergebnisse immer reflektieren und verifizieren. Nur mit verantwortungsvollem Handeln können Fehlentscheidungen vermieden und Potenziale voll ausgeschöpft werden. Wenn dies gelingt, kann KI tatsächlich zum echten „Gamechanger“ für die Branche werden.

Strategische Datennutzung zur nachhaltigen Bestandstransformation

Insgesamt erfordert die Einhaltung der umfangreichen Gesetzgebung im Immobiliensektor eine strategische Herangehensweise, die sowohl die vollständige Datenerfassung und -analyse als auch die Optimierung der Betriebsabläufe umfasst. Durch den Einsatz moderner Technologien und die intelligente Nutzung von Daten – unter anderem mithilfe von KI – können effektive Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der Verbesserung der Betriebseffizienz implementiert werden. Damit kommen Immobilieneigentümer und Bestandshalter nicht nur ihren rechtlichen Verpflichtungen nach, sondern profitieren auch von wirtschaftlichen Vorteilen und leisten einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz.  

Ökologisch verantwortlich und ökonomisch notwendig

Das Verschieben grüner Investitionen in die Zukunft ist riskant: Wer heute nicht handelt, riskiert die Entstehung von „Stranded Assets“ – also von Vermögenswerten, die ihren Wert verlieren, da sie unter anderem nachhaltige Standards nicht erfüllen. Die nachhaltige Transformation von Bestandsgebäuden ist daher nicht nur eine Frage der ökologischen Verantwortung, sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit zur Sicherung vorhandener Werte. Nur wenn Immobilieneigentümer all das schon jetzt beherzigen, lässt sich der Weg zur Klimaneutralität beschreiten. Mit den richtigen Tools und datenbasiertem Wissen haben Bestandsgebäude eine nachhaltige Zukunft, die sich schlussendlich auch in ihrer Bewertung abbilden wird.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Goldbeck GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilien & Finanzierung, Dezember 2024

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