09.02.2021

Das Verborgene entdecken

Digitale Tools verbessern die Objektbewertung und Standortanalyse und zeigen versteckte Zukunftspotenziale auf

Annika Steiner, Head of Research, Director, Wüest Partner
Annika Steiner

Der Professionalisierung in der Immobilienbranche wird durch die voranschreitende Digitalisierung Vorschub geleistet. Ob BIM, 3D-Visualisierung, Tokenisierung oder Smart-Metering – was vor 20 Jahren noch schwer vorstellbar oder in den Kinderschuhen steckte, ist heute mitunter tägliche Praxis. Das gilt auch für die Bewertung von Immobilien, Portfolios und Standorten. Große Datenschätze und moderne Methoden der Datenverarbeitung ermöglichen immer differenziertere und tiefgreifendere Auswertungen und Analysen, die immer wichtiger werden für den Investitionserfolg. Schließlich befinden wir uns in einer Situation, die von großer Konkurrenz um eine begrenzte Anzahl an Objekten am Markt gekennzeichnet ist. Außerdem macht die Vielfalt an Produkten eine genaue Analyse notwendig, um zu klären, ob ein Asset in die eigene Investitionsstrategie passt, oder nicht. Zu guter Letzt sind die Top-Lagen bereits größtenteils abgegrast. Moderne Analysemethoden ermöglichen es, alternative zukunftsträchtige Standorte für potenzielle Investitionen zu identifizieren.

„Lage, Lage, Lage“ – dieses beliebte Verkaufsargument ist schon immer fest mit Immobilien verbunden, denn nichts ist wichtiger, ja wertrelevanter als die Lage einer Immobilie. Unbestritten werden Faktoren wie Lärm, Zentralität, Erreichbarkeit, Infrastruktur oder Wasserlage immer wesentliche Kriterien zur Unterscheidung von Wohnlagen bleiben. Eine Immobilie wird nur zukunftsfähig und attraktiv sein, wenn sie mit ihren Lageeigenschaften überzeugt. Nur das aktuelle Preisniveau der Immobilie oder das gegenwärtige Image eines Standortes als Indikator heranzuziehen, greift deutlich zu kurz. Denn Preis, Kaufkraft und Image können sich ändern.

Dies wird recht anschaulich im Prozess der Gentrifizierung deutlich, beschreibt er doch das Phänomen der Aufwertung von Quartieren durch sog. Pioniere und Gentrifier. Klassische Beispiele für zwei Berliner Quartiere, die diese Wandlung vollzogen haben, sind Prenzlauer Berg in den 90er und 2000er Jahren sowie Neukölln in den 2000er und 2010er Jahren. Zuerst haben die Studenten, Künstler, Kreative diese Quartiere entdeckt, weil sie zentral waren, attraktive Lageeigenschaften besaßen, schöne Altbauten boten und vor allem, weil man dort günstig wohnen konnte. Die Pioniere zeigten die Potenziale auf und bewirkten eine Belebung und Aufwertung des Kiezes, in dem sie lebten – die Attraktivität und Nachfrage stieg und mit ihr auch die Wohnungspreise und -mieten. Aus Quartieren mit schlechtem Image und niedrigem Preisniveau entwickeln sich so gefragte Wohnlagen mit exklusivem Image.

Was dieses Beispiel zeigt, ist, dass sich eine objektive Lagebeurteilung anhand harter Standortfaktoren als essenziell herausstellt, um den Wert einer Immobilie einschätzen oder „Hidden Places“ entdecken zu können. Diese Lagen lassen sich am besten mit einem standardisierten Rating identifizieren, welches die wichtigsten Standortparameter flächendeckend vergleichbar macht und dabei bis auf die lokale Ebene reicht. Ein Rating, das jedem Anwender reproduzierbare Ergebnisse und vergleiche liefert und somit ein verlässliches Instrument zur Lagebeurteilung darstellt, unabhängig davon, ob die Stadt völliges Neuland ist oder bestens bekannt.

Aus diesem Grund haben wir unser Market & Location Information-Modul MLI um das Mikrolagenrating erweitert. Hierbei stehen den Anwendern 20 Kriterien aus den Bereichen Gelände, Immissionen und Infrastruktur zur objektiven Lage-Beurteilung zu Verfügung. Dazu haben wir ganz Deutschland in ein 100mx100m Raster eingeteilt. Die einzelnen Lagen können innerhalb einer Gemeinde oder teilweise innerhalb des Stadtquartiers miteinander vergleichen werden. Mit Hilfe des Mikrolagenratings lassen sich Quartiere entdecken, die sich aufgrund des Images, des aktuellen Preisniveaus oder der umgebenen Gebäudequalität vielleicht nicht sofort als erste Wahl herausstellen, langfristig aber als lohnendes Investment auszahlen könnten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Wüest Partner Deutschland
Erstveröffentlichung: The Property Post, Februar 2021

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