27.01.2016

Das Angebot steht

Die Wohnungswirtschaft ist Partner der Politik bei der Lösung von Zukunftsaufgaben – wenn man sie lässt

Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender, Deutsche Annigton Immobilien SE
Rolf Buch

Die Mietpreisbremse kommt – trotz erheblicher Bedenken von Seiten der wohnungswirtschaftlichen Akteure. Zeit, sich anderen, drängenden Themen zu widmen. Wohnungswirtschaft und Politik könnten noch stärker an einem Strang ziehen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das Angebot dazu steht.

Der Beitrag zur Arbeit der Plattform Wohnen im ZIA-Jahresbericht 2013 trug den Titel „Im Zeichen der Mietpreisbremse“. Ein Rückblick auf die wohnungswirtschaftliche Debatte im Jahr 2014 könnte dazu verleiten, den Titel erneut zu wählen. Auch 2014 haben Politik, Wohnungswirtschaft und Gesellschaft weiter leidenschaftlich über die Höhe der Mieten und politische Konsequenzen diskutiert. Mittlerweile wissen wir: Die Mietpreisbremse kommt. Der Bundestag hat das Gesetz verabschiedet; nun sind die Länder am Zug mit Verordnungen zur konkreten Umsetzung.

Zukunftsthemen warten

Auch wenn wir im parlamentarischen Verfahren einige Verbesserungen erreicht haben – an der grundsätzlich kritischen Haltung zur Mietpreisbremse hat sich nichts geändert. Dennoch bin ich froh, dass wir diese Diskussion hinter uns haben und uns anderen drängenden Themen zuwenden können. Millionen Wohnungen in Deutschland müssen energetisch saniert werden, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen – ohne dass Wohnen unbezahlbar wird. Die Herausforderung liegt nicht im Neubau energetisch vorbildlicher Siedlungen im gehobenen Preissegment – sie liegt in der Sanierung älterer Wohnungsbestände mit Mieterinnen und Mietern, die mit jedem Euro rechnen müssen.

Deutschland wird immer älter. Lebenslanges Lernen als Grundprinzip haben wir verinnerlicht – lebenslanges Wohnen mit seniorenfreundlichen Wohnungen und Angeboten für das Altern im angestammten Quartier müssen wir noch lernen. Gleichzeitig gehen uns die Fachkräfte aus.

Das merken wir auch in der Wohnungswirtschaft. Qualifizierte Mitarbeiter im Kundenservice, im Vertrieb, in der Haustechnik sowie Hochschulabsolventen in unseren Firmenzentralen sind immer schwerer zu bekommen. Bei all diesen Themen ist die Wohnungswirtschaft Partner der Politik und leistet ihren Teil. Dazu bedarf es der richtigen Rahmenbedingungen.

Fehlsteuerungen bei der Sanierungsförderung vermeiden

Die andauernde Euro-Krise lässt die Niedrigzinspolitik der EZB zur dauerhaften Rahmenbedingung werden. Unternehmen der Wohnungswirtschaft haben kaum Probleme, sich am Kapitalmarkt zu günstigen Zinsen Geld zu besorgen. Die Konsequenz: Der zinsgünstige Kredit von KfW und anderen Förderbanken verliert seine Anreizwirkung bei der energetischen Gebäudesanierung. Die Politik ist aufgefordert, neue Wege zu suchen, etwa in der Ausweitung von Zuschüssen. Denn trotz der niedrigen Zinsen sind Sanierungsvorhaben angesichts der hohen geforderten Standards oft schwer wirtschaftlich darzustellen – insbesondere dann, wenn man seine Mieter nicht über Gebühr belasten will. Gemeinsam mit der Politik sollten wir darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, das technisch Machbare sofort zum Standard zu erheben. Diesen Austausch haben wir im letzten Jahr begonnen und werden ihn fortsetzen.

Perspektivisch gilt es zu überlegen, inwiefern das gegenwärtige System der Modernisierungsumlage richtige Anreize setzt. Diese und andere Fragen werden wir im „Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen“ der Bundesregierung diskutieren. Nach dem Auftakt 2014 nimmt das Bündnis 2015 nun Fahrt auf, und der ZIA ist als zentraler Partner eng in die Abläufe eingebunden.

Wohnen im Alter als Herausforderung

Partnerschaftliches Vorgehen ist auch mit Blick auf die alternde Gesellschaft unabdingbar. Auch wenn der Zeitpunkt für Handlungsbedarf in den Regionen Deutschlands unterschiedlich ist – auch dort, wo die Bevölkerung nicht oder weniger stark schrumpft, werden wir immer älter. Wir müssen aufhören, nur in „Wohneinheiten“ zu denken und sollten stattdessen die künftige Lebensqualität in den Fokus rücken.

Fakt bleibt, dass der seniorengerechte Umbau von Wohnungen hohe Kosten verursacht. Überlegenswert sind, statt völliger Barrierefreiheit, barrierereduzierende Angebote zu einem Bruchteil des Preises. Der Aufwand ist geringer, dennoch können der Wohnkomfort und die Sicherheit der Bewohner erheblich gesteigert werden. Die Miete bleibt bezahlbar. Es reicht jedoch nicht, wenn nur die Wohnung altersgerecht ist. Auch Gehwege, Geschäfte, und das tägliche Umfeld müssen zugänglich sein. Deshalb ist es unabdingbar, über die Wohnung hinaus das Quartier mitzudenken.

Die deutsche Immobilienwirtschaft will und wird ihren Beitrag leisten. Dafür ist ein ordnungspolitischer Rahmen nötig, der bürokratische Hürden abbaut und an geeigneter Stelle fördert, statt nur zu fordern. Die Plattform Wohnen des ZIA hat dieses Thema aufgegriffen und wird es 2015 mit Verve weiterverfolgen.

Berufliche Chancen ermöglichen

Die Wohnungswirtschaft ist eine der großen Branchen in Deutschland. Wenn auch über viele tausend Unternehmen verteilt, bietet sie enormes Beschäftigungspotenzial in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern von Kaufleuten bis zu Handwerkern. Immer häufiger jedoch ist es schwer, geeignete Mitarbeiter zu finden; Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Daher sind viele Unternehmen aktiv geworden: Kooperationen mit Schulen oder Angebote zur Eingliederung Langzeitarbeitsloser sind keine Seltenheit mehr. Wir brauchen gute Leute und dürfen kein Talent und keine Chance ungenutzt lassen.

Gemeinsam neue Wege beschreiten

Die drei Themenbereiche liefern nur einen Ausschnitt der Herausforderungen, die vor uns allen liegen. In zahlreichen Runden, etwa im Rahmen eines Parlamentarischen Abends mit der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion oder eines Industriedialogs mit dem Seeheimer Kreis in der SPD, haben wir im zurückliegenden Jahr wichtige Diskussionen geführt. Diesen Dialog zwischen Wohnungswirtschaft und Politik setzen wir konsequent fort.

Die Plattform Wohnen muss und wird dabei mehr denn je im Sinne einer Art Denkfabrik Interessen integrieren und kreative Lösungsansätze formulieren – pragmatisch und ambitioniert gleichermaßen. Ich habe im vergangenen Jahr gespürt, dass dazu unter unseren Mitgliedern wie in Politik und Gesellschaft ein großer Wille besteht. Dies greifen wir gern auf. Das Angebot dazu steht.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Deutschen Annington Immobilien SE
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2014/ 2015