04.07.2017

CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz

Bedeutung von Corporate Social Responsibility für die Real Estate Branche

Christian P. Roos, Partner und Wirtschaftsprüfer, Baker Tilly GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Christian P. Roos

Investoren, Finanzgeber, Kunden sowie weitere Stakeholder verlangen immer mehr und bessere Informationen über die Geschäftstätigkeit von Unternehmen, um zu entscheiden, ob sie in diese Unternehmen investieren, Geschäftsbeziehungen eingehen oder die Leistungen des Unternehmens in Anspruch nehmen. Dies betrifft nicht nur kapitalmarktorientierte Unternehmen der Real Estate Branche, deren Berichterstattung seit Beginn des Jahres 2017 durch das CSR-Richtlinie Umsetzungsgesetz gesetzlich normiert ist, sondern auch nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen auf freiwilliger Basis, deren Stakeholder (ggf. Gesellschafter) vergleichbare Informationsbedürfnisse anmelden.

In der heutigen Zeit befinden sich Unternehmen der Real Estate Branche in einem komplexen Stakeholder-Umfeld (bestehend aus Gesetzgeber, Kapitalgeber, Geschäftspartner, Mitarbeiter, Service Provider, etc.) mit unterschiedlichen Informationsbedürfnissen. Ein Unternehmen wird zunehmend nicht nur anhand seiner Finanzdaten bewertet, sondern auch anhand von sog. nichtfinanziellen Informationen. Diese beinhalten Themen wie Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, soziale Belange, die Achtung der Menschenrechte, welche für die künftige Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung sind. Investoren, Kunden sowie Unternehmen verlangen immer mehr und bessere Informationen über die Geschäftstätigkeit von Unternehmen, um zu entscheiden, ob sie in diese Unternehmen investieren, Geschäftsbeziehungen eingehen oder die Leistungen des Unternehmens nutzen. Grundlage für dieses zunehmende Interesse sind die zunehmende Medienberichterstattung über Arbeits- und Lebensbedingungen in Drittstaaten sowie das vermehrte Auftreffen von Umweltskandalen der großen Unternehmen. Zusätzlich sind nichtfinanzielle Faktoren bereits heute wichtige unternehmensinterne Entscheidungsfaktoren für beispielsweise die Risikobetrachtung. Die Erwartungen einzelner Stakeholder an die Transparenz von Unternehmen in der Real Estate Branche wird zunehmend steigen. Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen auf einzelnen Märkten ist die Intensivierung der Unternehmenstransparenz empfehlenswert.

Die Berichterstattung über nicht-finanzielle Unternehmensinformationen erfolgte bisher auf einer freiwilligen Basis. Dies wurde durch die Beschlussfassung des Bundestages am 9. März 2017 geändert. Gemäß CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz müssen große Unternehmen von öffentlichem Interesse ab dem Geschäftsjahr 2017 Informationen zu Umwelt- und Sozialbelange, über die Einhaltung der Menschenrechte und über die Bekämpfung von Korruption in ihrem Lagebericht offenlegen. Diese Offenlegung muss vier Monate nach Beendigung des Geschäftsjahres erfolgen. Auch wenn der Gesetzesentwurf sich nur auf bestimmte große Unternehmen bezieht, ist davon auszugehen, dass das Gesetz eine Ausstrahlung auf die Lieferkette haben wird, wodurch die Belastung auch auf kleine und mittelständische Unternehmen weitergegeben wird.

Generell sind alle Kapitalgesellschaften sowie (haftungsbeschränkte) Personenhandelsgesellschaften von öffentlichem Interesse betroffen, die

  1. kapitalmarktorientiert sind (indem sie an einem organisierten Markt durch Herausgabe von Wertpapieren teilnehmen oder diese Teilnahme beantragt haben) und
  2. in den letzten zwei aufeinander folgenden Jahren als Groß einzustufen sind (mehr als 20 Mio. Euro Bilanzsumme, 40 Mio. Euro Umsatzerlöse und mehr als 250 Arbeitnehmer) sowie
  3. mehr als 500 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt aufweisen.

Diese müssen jährlich eine Erklärung zu nichtfinanziellen Kennzahlen veröffentlichen. Darüber hinaus müssen auch Genossenschaften, Kreditinstitute und Versicherungen, die die Kriterien 2 und 3 erfüllen, ebenfalls eine nichtfinanzielle Erklärung veröffentlichen. Analog gelten dieselben Bestimmungen für kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen, die keine größenabhängige Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht nach § 293 Abs. 1 in Anspruch nehmen (siehe Abbildung 1).

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Eine Befreiung von der Berichtspflicht ergibt sich, wenn das Unternehmen in den Lagebericht eines Mutterunternehmens mit Sitz in der EU einbezogen wird und das Mutterunternehmen einen Konzernlagebericht mit nichtfinanziellen Aspekten erstellt.

Die Berichtspflicht scheint auf den ersten Blick für kleine und mittelständische Unternehmen nicht von Belangen zu sein, da diese selten das Kriterium „groß“ erfüllen und mit weniger als 500 Mitarbeitern nicht unmittelbar von den Vorgaben der CSR-Richtlinie betroffen sind.

Dennoch weisen große Unternehmen nur eine geringe Fertigungstiefe auf. Aus diesem Grund fungieren kleine und mittlere Unternehmen als Zulieferer oder Dienstleister von großen Unternehmen und nehmen so an der globalisierten Wirtschaft teil. Dadurch tragen auch sie Verantwortung für ihre unternehmerischen Tätigkeiten.

Daher ist davon auszugehen, dass durch die geforderten Informationen über die Lieferkette auch kleine und mittelständische Unternehmen dazu aufgefordert werden, Daten über die Nachhaltigkeit ihrer Tätigkeit zu erheben. Sie werden sich daher zukünftig mit den Berichtsanforderungen großer Unternehmen auseinandersetzen müssen, denn für große Unternehmen ist ein Nachhaltigkeitsbericht ohne die Einbeziehung der Zulieferer wenig aussagekräftig. Somit könnten große Unternehmen, die den Berichtsanforderungen unterliegen, ihre Zulieferer dazu verpflichten, selbst die Anforderungen der CSR-Richtlinien zu beachten, um lückenlose Informationen über die Lieferkette zu erhalten. In Folge dessen sind kleine und mittlere Unternehmen entlang der Lieferkette mittelbar mit den neuen Berichtsanforderungen konfrontiert. Faktisch gesehen ginge so ein Teil des Berichtsaufwandes an kleine und mittlere Unternehmen über.
 

Inhalte der nichtfinanziellen Erklärung gemäß CSR-Richtlinie

Berichterstattungspflicht über mindestens fünf Aspekte neben einer kurzen Geschäftsmodellbeschreibung

Die CSR-Richtlinie verlangt eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells der Kapitalgesellschaft. Darauf folgend müssen weitere nichtfinanzielle Erklärungen erfolgen, die mindestens die nachfolgenden Aspekte zu behandeln haben:

  1. Umweltbelange, wie beispielsweise Angaben zur Treibhausgasemission, zum Wasserverbrauch, zur Luftverschmutzung, zur Nutzung von erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energien oder den Schutz der biologischen Vielfalt,
  2. Arbeitnehmerbelange, mit Angaben über die Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Geschlechtergleichstellung ergriffen wurden, die Arbeitsbedingungen, die Umsetzung der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, die Achtung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, den sozialen Dialog, die Achtung der Rechte der Gewerkschaften, den Gesundheitsschutz oder die Sicherheit am Arbeitsplatz,
  3. Sozialbelange, wobei sich die Angaben beispielsweise auf den Dialog der kommunalen oder regionalen Ebene oder auf die zur Sicherstellung des Schutzes und der Entwicklung lokaler Gemeinschaften ergriffenen Maßnahmen beziehen können,
  4. die Achtung der Menschenrechte, wobei sich die Angaben beispielsweise auf die Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen beziehen können, sowie
  5. die Bekämpfung von Korruption und Bestechung, wobei sich die Angaben beispielsweise auf die bestehenden Instrumente zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen können.

Die aufgezählten Beispiele stellen keine abschließende Liste dar, sondern sollen nur eine Hilfestellung sein, dennoch müssen die Aspekte Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, Sozialbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung enthalten sein.

Eine reine Erwähnung der Aspekte ist nicht ausreichend. Die Unternehmen sind dazu verpflichtet, das von ihnen verfolgte Konzept je Aspekt zu beschreiben. Dies bedeutet, dass sie Ausführungen darüber machen müssen, welche Ziele in Bezug auf den nichtfinanziellen Aspekt gesetzt sind oder werden, welche Maßnahmen zu Erreichung dieses Ziels in welchem Zeitraum getroffen werden, wie die Unternehmensführung in diese Maßnahmen eingebunden ist und welche Prozesse hierzu geplant sind sowie dessen Ergebnisse. Des Weiteren sind die angewandten Due Diligence-Prozesse darzustellen. Darüber hinaus müssen Angaben zu den wesentlichen Risiken, die sich aus der Geschäftstätigkeit, den Produkten/Dienstleistungen ergeben, gemacht werden.

Zu beachten ist hierbei, dass nur Angaben zu wesentlichen Risiken gemacht werden müssen. Dies sind Risiken, die sehr wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen auf die nichtfinanziellen Aspekte haben oder haben werden. Dabei ist zu beachten, dass der Schwerpunkt nicht auf Risiken für das Unternehmen selbst, sondern für die nichtfinanziellen Aspekte also beispielsweise für die Umwelt oder die Arbeitnehmer liegt.

Ebenso müssen Angaben zu Risiken gemacht werden, die sich aufgrund von Geschäftsbeziehungen zu anderen Unternehmen ergeben (z. B. Lieferanten). Zudem sind in die Erklärung der nichtfinanziellen Aspekte die wichtigsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren wie beispielsweise die Mitarbeiterentwicklung selbstständig darzustellen. Welche Leistungsindikatoren aufzunehmen sind, hängt von der Geschäftstätigkeit des Unternehmens ab. Nicht zuletzt müssen Hinweise auf Beträge im Jahresabschluss und weitere Erklärungen diesbezüglich erfolgen, sofern diese für das Verhältnis erforderlich sind. Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Aspekte und den Inhalt der Erklärung.

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Nutzung von Rahmendaten

„explain“ – im Falle fehlender Konzepte zu den berichtspflichtigen Aspekten

Sollte ein Unternehmen kein Konzept zu einem der angeforderten Aspekte haben oder trotz eines erkannten Risikos keine Gegenmaßnahmen einleiten, müssen sie erklären, warum sie dem betreffenden Belangen keine Bedeutung beimessen („comply or explain“). Jedoch kann auf Angaben verzichtet werden, wenn diese zukünftige Entwicklungen oder Belange betreffen, die der Kapitalgesellschaft einen erheblichen Nachteil zufügen würden und wenn das Weglassen dieser Angaben ein tatsächliches Bild der Kapitalgesellschaft nicht verhindert.

Grundsätzlich soll eine nichtfinanzielle Erklärung in den Lagebericht aufgenommen werden. Der Gesetzesentwurf in Deutschland sieht aber auch die Möglichkeit vor, von einer Integration in den Lagebericht abzusehen, sofern die Gesellschaft für dasselbe Geschäftsjahr einen gesonderten nichtfinanziellen Bericht außerhalb des Lageberichts erstellt. Dies ist dann möglich, wenn der separate Bericht entweder zusammen mit dem Lagebericht erscheint oder nicht später als sechs Monate nach dem Bilanzstichtag auf der Unternehmenswebsite veröffentlicht wird, wo er für 10 Jahre zugänglich gemacht werden muss und der Lagebericht darauf verweist.

Überwachungspflicht des Vorstandes

Neben den Änderungen, die sich aus dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz im HGB ergeben, wird durch die Beschlussfassung vom 9. März 2017 auch das Aktiengesetz geändert. So muss der Vorstand laut Paragraph § 170 AktG, neben dem Jahresabschluss und dem Lagebericht, nun auch den gesonderten nichtfinanziellen Bericht und nichtfinanziellen Konzernbericht dem Aufsichtsrat vorlegen. Laut § 171 AktG wird der Aufsichtsrat künftig dazu verpflichtet sein, den nichtfinanziellen (Konzern-)Bericht zu prüfen. Hierzu ist es dem Aufsichtsrat aber gestattet, laut Paragraph § 111 AktG, einen externen fachkundigen Prüfer zu beauftragen, um die Vollständigkeit zu testieren. Dieses Prüfungsurteil muss jedoch erst für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen, offen gelegt werden.

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Baker Tilly GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Erstveröffentlichung: Baker Tilly Blog, April 2017

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