Wie der Klimawandel zur zentralen Herausforderung für Immobilienrenditen wird
Mit dem Klimaschutzübereinkommen von Paris im Jahr 2015 wurde die Begrenzung der menschengemachten globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C gegenüber vorindustriellen Werten völkerrechtlich bindend als Ziel vereinbart. Es folgte die Übersetzung des langfristigen Temperaturziels des Pariser Abkommens in Kohlenstoffbudgets.
Ziele für den Immobiliensektor
Im Immobiliensektor basieren die CO2-Zielpfade auf den maximal zulässigen CO2-Emissionen, die von Immobilien verursacht werden dürfen (CO2-Emissionsbudget).
CO2-Emissionsbudgets, die bis 2050 für jede Immobilie gelten, werden durch den Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM) festgelegt. Diese Budgets sind länderspezifisch und differenzieren sich nach Nutzungsarten.
CRREM wurde von vier europäischen Hochschulen und der Investoren-Initiative GRESB (Global Real Estate Sustainability Benchmark) entwickelt und vom EU-Förderprogramm „Horizon 2020“ gefördert. Seit Januar 2022 haben die Science Based Targetinitiative (SBTi) und CRREM ihre Kräfte gebündelt und verbindliche 1,5°C CO2-Zielpfade für den Immobiliensektor festgelegt.
Die SBTi ist eine Kooperation zwischen dem CDP (Carbon Disclosure Project), dem Global Compact der Vereinten Nationen, dem World Resources Institute (WRI) und dem World Wide Fund for Nature (WWF). Seit 2015 haben sich mehr als 1.000 Unternehmen der Initiative angeschlossen, um wissenschaftlich fundierte Klimaziele festzulegen. Die Initiative wird von der IKEA Foundation, Amazon, Bezos Earth Fund, We Mean Business coalition, Rockefeller Brothers Fund und UPS Foundation finanziert. Im Oktober 2021 entwickelte und lancierte SBTi den weltweit ersten Netto-Null-Standard, der Unternehmen Rahmen und Instrumente bietet, um wissenschaftlich fundierte Netto-Null-Ziele zu setzen und den globalen Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Niveau auf 1,5 °C zu begrenzen.
CRREM als Tool zur Messung der CO2-Intensität
CRREM gibt nicht nur den Zielpfad für die notwendige Dekarbonisierung einer Immobilie vor, sondern ist zugleich ein Werkzeug zur Berechnung der tatsächlichen Treibhausgasintensität. Diese wird in Kilogramm CO2-Äquivalent pro Quadratmeter und Jahr gemessen. Übersteigt die Intensität das Budget, spricht man von einem Stranded Asset.
Dekarbonisierung der EU, Fit for 55
„Die Wirtschaft der fossilen Brennstoffe stößt an ihre Grenzen. Wir wollen der nächsten Generation sowohl einen gesunden Planeten hinterlassen als auch gute Arbeitsplätze und Wachstum, das unsere Natur nicht schädigt. Der europäische Grüne Deal ist unsere Wachstumsstrategie in Richtung dekarbonisierte Wirtschaft. Europa hat als erster Kontinent angekündigt, bis 2050 klimaneutral zu sein, und nun sind wir ebenfalls die Ersten, die einen konkreten Plan vorlegen.“, so Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, im Juli 2021. Als Zwischenziel wurde die Reduktion der EU-Emissionen um 55 % gegenüber den Werten von 1990 festgelegt.
„Highlights“ des Maßnahmenplanes der EU-Renovierungswelle
Die EU setzt auf die Förderung der Energieeffizienz und plant, Risiken für Investitionen in diesem Bereich zu reduzieren. Es wird vorgeschlagen, Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken in die Eigenmittelverordnung und die Solvabilität-II-Richtlinie aufzunehmen, was insbesondere für die Kreditvergabe von Immobilienfinanzierungen relevant ist.
Weitere zentrale Maßnahmen der EU umfassen:
• die EU-weite Vereinheitlichung von Energieausweisen für Gebäude,
• die Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie und der Energieeffizienz-Richtlinie,
• die Erwägung einer Verschärfung der Ziele für die Wärme- und Kälteerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen,
• die Einführung einer Anforderung an die Mindestanteile an Energie aus erneuerbaren Quellen in Gebäuden,
• die erleichterte Einspeisung von Abwärme und –kälte sowie von erneuerbarer Wärme und Kälte in die Energiesysteme.
Bereits beschlossen ist die Einführung des ETS 2, eine Ausweitung des Emissionshandels auf Emissionen aus Gebäuden ab 2027. Dies soll sich auf alle Anlagen (nicht nur auf die gewerblichen) erstrecken.
EU-Emissionshandelssystem und mögliche CO2-Bepreisung ab 2027
Seit 2021 regelt in Deutschland das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) die Bepreisung von CO2-Emissionen für Gebäude & Verkehr durch einen nationalen Handel. Es gilt ein Festpreis, welcher von 25 EUR/t CO2 in 2021 auf 45 EUR/t CO2 in 2025 ansteigen soll. Für 2026 ist ein begrenzter Handel innerhalb eines Preiskorridors von 55-65 EUR/t CO2 vorgesehen.
Ab 2027 ist der Übergang in einen neuen, zweiten europäischen Handel (ETS2) geplant. Die genaue Menge der von der EU bereitgestellten Zertifikate ist noch unbekannt. Laut einer Studie des Mercator Research Instituts könnten die CO2-Preise für Gebäude ab 2027 jedoch auf über 200 EUR/t CO2 steigen.
Aktuelle Entwicklung
Aufgrund des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts hat der Bundestag im Dezember 2023 beschlossen, den CO2-Preis vorzeitig von 30 auf 45 Euro pro Tonne anzuheben. Die zusätzlichen Einnahmen aus dieser Preiserhöhung fließen in den Klima- und Transformationsfonds, der unter anderem Projekte für den Klimaschutz finanziert. Im Klimafonds fehlen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen für die kommenden Jahre. Mit der CO2-Preiserhöhung beabsichtigt die Bundesregierung den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen gezielt weiter zu verteuern. Der langfristige Zweck besteht darin, die Kosten für Produkte und Dienstleistungen zu erhöhen, die auf fossilen Energieträgern wie Gas und Öl basieren.
Fazit
Treibhausgase sind zweifelsohne der entscheidende Faktor für den Klimawandel. CO2-Emissionen haben bereits heute ihren Preis. Dieser wird entsprechend der Erderwärmung ansteigen. Regierungen sehen die Bepreisung nicht als Steuer, sondern als Abgabe, die immer häufiger zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet wird. Die CO2-Intensität einer Immobilie wird zunehmend deren Rendite beeinflussen, sowohl direkt über deren Bepreisung als auch indirekt über Fremdfinanzierungskonditionen. Jede CO2-Einsparung wird sich positiv auf die Rendite auswirken. Bei Untätigkeit droht ein heftiger Werteverfall.
Quadoro ist der Experte für Immobilien und Erneuerbare Energien der Doric Gruppe. Die Kernkompetenzen von Quadoro liegen in der Produktentwicklung, in der Transaktion und im Management von Immobilien und Erneuerbare-Energien-Anlagen.
Quadoro ist Partner der ESG Factory, der Praxiskonferenz für die Immobilienbranche, am 25. Januar 2024 in Berlin.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Quadoro Investment GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Januar 2024