Das Los entscheidet oder wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt
Während auf Bundesebene aktuell im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen u.a. um die richtigen Stellschrauben zur Optimierung einer aktivierenden Liegenschaftspolitik auf Bundesebene gerungen wird, bieten sich den Kommunen in den Regionen mit einem angespannten Wohnungsmarkt bereits jetzt Möglichkeiten, einen Beitrag zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu leisten – durch die Ausweisung von zusätzlichem Bauland.
Allein die Ausweisung von mehr Bauland trägt bereits zur Stabilisierung der Baulandpreise bei und wirkt damit auch preisdämpfend auf die Baukosten insgesamt. Denn der Anteil der Baulandkosten an den Gesamtkosten für den Wohnungsbau beträgt im Regelfall 15 bis 20 Prozent, kann bei überproportional hohen Preisen aber auch deutlich höher ausfallen. Ein Phänomen, das nicht nur in München, Hamburg und Frankfurt längst Realität ist.
Hintergrund: Betongold und Demografie
Nicht nur in Metropolstädten, sondern zunehmend auch in mittleren Städten und im Umland von Großstädten kann das Angebot die steigende Nachfrage nach Bauland nicht befriedigen. Dies betrifft sowohl Flächen für innerstädtischen mehrgeschossigen Wohnungsbau wie auch insbesondere Bauland für Einfamilienhäuser. Die Gründe hierfür liegen einerseits in den Folgen der Finanzkrise sowie der anhaltenden Niedrigzinsphase. Zudem verzeichnet Deutschland bereits im vierten Jahr in Folge einen Bevölkerungszuwachs, was die Preisentwicklung auf den Immobilienmärkten weiter befeuert.
Die Zugezogenen lassen sich bevorzugt in Wachstumsregionen mit gutem Arbeitsplatzangebot nieder. Während in Wachstumsregionen die Situation auf dem Wohnungsmarkt angespannt ist und Wohnungsknappheit herrscht, sind strukturschwache Regionen durch Schrumpfung mit entsprechendem Wohnungsleerstand betroffen. Dieser Leerstand ist aber nicht geeignet, den Bedarf in den angespannten Wohnungsmärkten zu decken.
Differenzierte Nachfrage braucht ein differenziertes Angebot
Ein ähnlich differenziertes Bild zeichnet sich auch bei den aktuellen Wohntrends ab. War in den vergangenen Jahren gerade in Großstädten fast nur noch die Rede von der Reurbanisierung, ist die Nachfrage nach Bauland für Einfamilienhäuser insbesondere für junge Familien letztlich ungebrochen. Bezahlbar ist dieser Eigenheimwunsch aber aufgrund der Preisentwicklung von Bauland in den dynamisch wachsenden Städten vielfach nur noch im Umland.
Dass Ein- und Zweifamilienhäuser nach wie vor von Familien bevorzugt werden, belegt auch die aktuelle Baugenehmigungsstatistik des Statistischen Bundesamtes: Trotz leichtem Rückgang macht diese Wohnform immer noch mehr als die Hälfte aller Neubauwohnungen aus.
Einer aktuellen Studie der Sparda Banken zufolge träumen 39 Prozent der Familien von dem Eigenheim im Grünen. Gleichzeitig ist eine verstärkte Nachfrage unter Best Agern nach Eigentumswohnungen zu verzeichnen, die nach dem Auszug der Kinder das Eigenheim verkaufen, um in zentralere Lagen zu ziehen. Auch junge Leute zieht es bevorzugt in Großstädte. 30 Prozent der unter 30-Jährigen nennen Großstädte als ihre Wohnpräferenz. Heterogene Nachfragegruppen erfordern also passgenaue Produkte auf der Angebotsseite.
Manche Knappheitsprobleme in den Metropolregionen müssen und können in den Regionen, sprich den Umlandkommunen gelöst werden. Dies betrifft insbesondere die Ausweisung von ausreichend bezahlbarem Bauland für junge Familien, die sich ihren Traum vom Eigenheim nur hier leisten können. Dies entlastet mittelfristig durch die Sickerungseffekte auch die Wohnungsmärkte in den Städten. Insgesamt wird sich die Nachfrage nach Wohnen in den nächsten Jahren weiter ausdifferenzieren. Die Wohnbedürfnisse folgen immer stärker der persönlichen Lebenssituation und variieren daher immer stärker, die Nachfragegruppen werden heterogener. Die Immobilie wird zur Lebensabschnittsimmobilie.
Bauland für Einfamilienhäuser braucht gute integrierte Standorte
Auch bei einer arbeitsteiligen Bereitstellung von Bauland genießt die Innenentwicklungsperspektive, die in der letzten Legislaturperiode nochmals im Baugesetzbuch verstärkt verankert wurde, eine hohe Piorität. Der Grundsatz, vorrangig Innenentwicklung zu betreiben, ist zwar nach wie vor richtig, reicht aber in Regionen mit hohem Siedlungsdruck nicht aus, um den Wohnraumbedarf zu decken. Neben Konversions- und Brachflächen als Potenzialflächen für die Baulandausweisung dürfen u.U. auch Arrondierungsflächen im Außenbereich kein Tabu mehr bleiben. Wichtig für das Bauland für Einfamilienhäuser sind integrierte Lagen, die gut mit dem ÖPNV erschlossen sind. Nur hier lassen sich nachhaltige Quartiere entwickeln. Diese brauchen von Beginn ein vielfältiges Angebot an möglichen Wohnformen, an Versorgung und Infrastruktur.
All dies wird u.a. in einigen Kommunen im Umland von Hamburg bereits umgesetzt: Das Bauland könnte praktisch mehrfach verkauft werden, so die LEG Entwicklung, die dort das Los entscheiden lässt.
Die Politik ist gefordert – in den Kommunen und im Bund
Es ist Aufgabe der Kommunen, besonders in Wachstumsregionen für ausreichend Bauland zu sorgen und somit ihren Beitrag für bezahlbares Wohnen zu leisten. Statt unkontrollierter Zersiedelung sollte vielmehr an geeigneten Standorten maßvoll Bauland ausgewiesen werden. Nur so kann der Druck in den angespannten Immobilienmärkten verringert und eine weitere Preissteigerung gebremst werden. Soll in Zukunft nicht mehr per Los über die Baulandvergabe entschieden werden, bedarf es mutiger Entscheidung von Seiten der Politik, um die Weichen für eine gesunde Entwicklung zu stellen.
Hier können die Kommunen bereits jetzt durch eine aktive Liegenschaftspolitik tätig werden. Aber auch auf Bundesebene bedarf es einer Politik, die die anspruchsvollen Ziele nach bezahlbarem Wohnraum mit den energetischen Zielen in Einklang bringt. Nur so können sozial gemischte und energetisch optimierte Quartiere entstehen, die Nachhaltigkeit, gute städtebauliche Qualität und bezahlbaren Wohnraum sicherstellen. Die planungs-, umweltschutzrechtlichen sowie steuerlichen Rahmenbedingungen sollten im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen kritisch hinterfragt werden.
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Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2014/ 2015