Schriftformkonforme Vertragsgestaltung bei Handelsimmobilien
„Lage, Lage, und nochmal Lage“, die Immobilienweisheit bewahrheitet sich nach wie vor, auch wenn Kaufpreise für Immobilien aktuell exorbitante Höhen erreichen. Was aber tun, wenn Handelsimmobilien in A-oder B-Städten, in attraktiven Regionen mit hoher Kaufkraft oder an zentralen Verkehrsknotenpunkten entweder überhaupt nicht zu haben oder unbezahlbar sind? Was tun, wenn auch für das Immobilieninvestment in C- oder D-Lagen eine gute Rendite nur knapp erreicht werden kann? Dann ist für den langfristigen Erfolg der Immobilie die Sicherung der Einnahmen durch eine solide Vermietung bei gleichzeitiger Kontrolle der auf die Immobilie anfallenden Kosten entscheidend.
Auch eine nach diesen Maßstäben schwierige Immobilie lässt sich durch die geschickte Gestaltung der Mietverträge gewinnbringend vermieten. Dabei lohnt es sich die aktuelle Rechtsprechung zu kennen. Hierzu ein Beispiel: Angenommen, das Geschäft des Mieters bricht ein, wird er den Standort schließen wollen um seinen Betrieb an einen anderen attraktiveren Standort zu verlagern. Ist er – etwa in einem Shopping-Center – der Ankermieter, muss der Investor auch den Weggang weiterer Mieter befürchten. Dass auch die Schriftformheilungsklausel die vertragsmüde Partei dann nicht an der Kündigung hindern kann, entschied unlängst der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 27.09.2017, Az. XII ZR 114/16. Stattdessen führt der Ausfall des Ankermieters zu einem Dominoeffekt, die Immobilie büßt massiv an Wert ein.
Schriftformkonforme Vertragsgestaltung
Dem kann nur durch den Abschluss eines schriftformkonformen Mietvertrages mit langer Laufzeit entgegengewirkt werden. Auch dieser wird jedoch während eines laufenden Mietverhältnisses vielfach auf die Probe gestellt. Fallstricke drohen für den Property Manager bei jedem Abschluss eines Nachtrages zum Mietvertrag, nicht zuletzt bei der Erweiterung oder dem Tausch von Flächen, bei Erhöhungen und Ermäßigungen des Mietzinses, Umbaumaßnahmen oder Änderungen von Absprachen zu den Betriebskosten. Was viele nicht wissen: Jede wirtschaftlich noch so geringe Abrede (z. B. die Senkung der Miete um wenige Euro) kann – so der BGH – für die Schriftform relevant sein. Ist ein Schriftformfehler entstanden und nicht oder nicht rechtzeitig durch Nachtrag behoben, „infiziert“ er den gesamten Mietvertrag. Damit ist der schriftformkonforme Mietvertrag – fast schon wie die Lage – Gold wert bei der Veräußerung der Immobilie.
Betriebspflicht
Gerade Shopping-Center in C-Lage brauchen nicht nur eine schriftformkonforme Vermietung. Zusätzlich ist der Mieter auch zum Betrieb der angemieteten Fläche zu verpflichten, ansonsten droht statt der Kündigung des schriftformwidrigen Vertrages der Leerstand der Fläche. Durch die vertragliche Vereinbarung der Betriebspflichten wird der Mieter verpflichtet, die angemieteten Räume während bestimmter Öffnungszeiten für Kunden offen zu halten und ein angemessenes Warenangebot vorzuhalten. Den Leerstand und den damit verbundenen Imageschaden sowie den technischen Verfall der Immobilie kann die Betriebspflicht nicht nur in rechtlicher Theorie, sondern auch praktisch verhindern. Denn wie das OLG Rostock zuletzt entschied, kann der Vermieter vom Mieter nicht nur Schadensersatz verlangen, sondern die Betriebspflicht auch zwangsweise durchsetzen. Diese ist aber abhängig von der wirksamen Vertragsgestaltung. Wird die Betriebspflicht – wie so häufig – im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt, ist zu beachten, dass die entsprechende Klausel die Betriebspflicht nicht zu streng regelt. Dem Mieter müssen temporär beschränkte, betriebsbedingte Unterbrechungen möglich sein. Auch im Zusammenspiel mit Konkurrenzschutz und Sortimentsbindung bzw. Mietzweck droht bei zu strenger Regulierung die Unwirksamkeit der gesamten Klausel.
Betriebsvorrichtungen und andere Kostenfallen
Ein aktuelles Beispiel, wie die fehlende Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung zur Kostenfalle des Investors werden kann, betrifft die steuerliche Gestaltung des Mietvertrags: Gewerbesteuerpflichtige Vermieter, die die erweiterte Gewerbesteuerkürzung in Anspruch nehmen, können ihr Privileg verlieren, wenn neben dem eigenen Grundbesitz auch nur eine Betriebsvorrichtung mitvermietet wird. Denn ist die dem Mieter zur Verfügung gestellte Vorrichtung für die sinnvolle Nutzung der Immobilie (unabhängig von dem konkreten Betrieb des Mieters) nicht zwingend erforderlich, zählt sie nicht zum privilegiert von der Gewerbesteuer befreiten Grundvermögen. Der Property Manager hat dies gerade bei der Gestaltung von Mietverträgen, aber auch bei der Durchführung von Ausbau- und Umbauleistungen des Vermieters im Hinterkopf zu behalten. Was bereits eine Betriebsvorrichtung darstellen kann, wird von den Beteiligten meist unterschätzt. Betriebsvorrichtungen können z.B. Lastenaufzüge, spezielle Lüftungsanlagen, Schaufensterbeleuchtungen und Laderampen sein. Wird auch nur eine Betriebsvorrichtung mitvermietet, sollte der Vermieter wissen, dass für sämtliche Gewinne aus der Immobilienverwaltung zusätzlich die Gewerbesteuer anfällt. In den Fällen, in denen der Vermieter zu einer Mit-Vermietung der Betriebsvorrichtungen gezwungen ist, ist eine steueroptimierte Mietvertragsgestaltung durch separate Vermietung der Betriebsvorrichtung(en) durch eine Drittgesellschaft trotz Mehraufwand sinnvoll.
Ähnliche Kostenfallen drohen bei der Umlage von Neben-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten bzw. Schönheitsreparaturen. Möchte der Investor laufende Kosten vermeiden, die seine Rendite aus der Immobilienverwaltung verringern, verpflichtet er stattdessen den Mieter, diese selbst zu tragen. Die Übertragung von Kosten auf den Mieter, die nicht ausschließlich durch den Mietgebrauch des Mieters verursacht sind oder die der Mieter vorher nicht offensichtlich einkalkulieren kann, sieht die Rechtsprechung in AGB als kritisch an; insbesondere dann, wenn sich die Kostenpositionen durch ihre Bezeichnung überlappen oder wenn vom Mietgebrauch unabhängige Kostenpositionen nicht zumindest der Höhe nach gedeckelt werden. Bei unwirksamer Übertragung auf den Mieter droht im Rahmen der gesetzlichen Verjährungsfrist für die Vergangenheit die Rückforderung entsprechender Kosten durch den Mieter. Für die Zukunft ist eine Einbuße der erwarteten Gewinne die Konsequenz. Dem Investor bleibt dann nichts Anderes übrig, als Rückstellungen zu bilden.
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Erstveröffentlichung: The Property Post, 21. März 2018