Wie Property Manager sich mit dem Einsatz der Technologie befassen können
In seiner Scharnierfunktion zwischen objektbezogenen Aktivitäten im Facility Management und der übergeordneten Wertperspektive des Asset Managements sowie als Vertreter des Eigentümers gegenüber dem Mieter obliegt dem Property Management die Erhebung, Strukturierung und Dokumentation einer Vielzahl von Informationen und daran anknüpfende Berichterstellung, auf die alle übergeordneten Managementebenen ihre Entscheidungen aufbauen. Das Property Management wird von diesen häufig als verlängerte Werkbank betrachtet; insbesondere personalintensive Funktionen werden dort verortet. Weil die allgemeine Marktentwicklung die Umsatzfantasie der Investoren eintrübt, gerät die Kostenseite
wieder stärker in den Fokus und somit auch die Leistungsfähigkeit des Property Managements. Mehr denn je stellt sich die Frage, welche Einsatzmöglichkeiten für künstliche Intelligenz (KI) sich bieten.
Im Sandwich zwischen Effizienz und Flexibilität
Der typische Anwendungsfall für den Einsatz von KI im Property Management findet sich in den klassischen Massenprozessen wie Objekt- und Mietenbuchhaltung und Mieterbetreuung. Hier profitieren auf Effizienz ausgerichtete betriebliche Abläufe von einer hohen Datenpopulation und -verfügbarkeit in den Prüf- und Freigaberoutinen.Zugleich ist der Prozess der Datengenerierung – inEchtzeit und unter Qualitätsvorgaben – oftmalsdadurch belastet, dass uneinheitlich strukturierte Datenquellen ausgewertet werden müssen und bei dieser Verarbeitung Übertragungs- und Beurteilungsfehler entstehen. Bei der Buchhaltung sind das zum Beispiel Rechnungsmerkmale, Überweisungstexte und interne Buchungsanweisungen oder auch Fehlbuchungen, die erst in nachgelagerten Verarbeitungsstufen wie der Betriebskostenabrechnung oder dem Übertrag ins Hauptbuch auffallen. In der Mieterbetreuung ergeben sich Herausforderungen durch die über mehrere Kanäle eingehenden Nutzeranliegen, die Bearbeitungsaufwand beim Property Management auslösen: Qualifizieren des Anliegens, Kategorisieren der Zuständigkeiten, Anlegen von Aktivitäten und Aufträgen, Dokumentieren der umgesetzten Maßnahmen und Bewerten von Rechten und Pflichten bis hin zur Kostentragung.
Diese einfachen, aber strukturell repräsentativen Beispiele zeigen das Spannungsfeld in den Aufgaben des Property Managements zwischen Effizienz bei der Erledigung und Flexibilität durch Kundenorientierung auf. Um die Spannung aufzulösen, bietet sich die Gliederung ihrer Ursachen in verschiedene Bestandteile an:
• Prozesse sind kleinteilig und von einer hohen Anzahl interner und externer Beteiligter geprägt und müssen zugleich eine auf Nutzungsarten, Regionen, Servicelevels abgestimmte Variabilität in der Bearbeitung ermöglichen.
• Die Organisation muss die Anliegen einer heterogenen Stakeholder-Landschaft – Investor, Nutzer, Asset Manager, Mietinteressent, Prüfbehörde, Lieferant, Wirtschaftsprüfer etc. – bedienen. Das Schnittstellenmanagement innerhalb des Property Managements und zu den angrenzenden Managementebenen ist umständlich.
• Lokationen: Das Spannungsfeld „Zentralisierung vs. regionale Präsenz“ wächst mit zunehmender Anzahl von Auftraggebern bzw. Beständen und wird durch Mitarbeiterfluktuation und dadurch bedingten Wissensverlust noch vergrößert.
• Datenflüsse unterliegen der vom Auftraggeber vorgegebenen Systemnutzung mit Fremdsystemen, sowohl beim Eingang (z. B. Budgetstrukturen, Verbrauchs- und Nutzungsdaten) als auch beim Ausgang (z. B. Berichtssysteme, externes Rechnungswesen, Interne Kontrollsysteme des Kunden), und erzeugen Aufwand für die Datenablage, das Mapping von Datenquelle und -senke sowie die Qualitätssicherung in eigenen und fremden Datenstrukturen.
• Im Fachbereich genutzte Applikationen sind häufig als Expertensysteme rund um das ERP gruppiert, werden aber isoliert betrieben – gerade die kaufmännische und technische Sicht auf die verwalteten Bestände fällt auf Systemebene häufig auseinander.
• Mit Blick auf den Einsatz von Technologien fehlt eine klare Erwartungshaltung an innovationsfördernde IT-Fähigkeiten. Ohne vorbeschriebene Anwendungsfälle und Potenzialanalyse gelangen Technologien wie KI, Big Data/Smart Data, Machine Learning oder RPA (Robotic Process Automation) bei der Beschaffung neuer Lösungen ohne strategische Zielsetzung und eher zufällig ins Unternehmen.
• Eine in Bestandteile wie Kundenzentrierung, Leistungsangebot, Fertigungstiefe und Kosteneffizienz aufgefächerte Strategie muss geeignet sein, langfristige Investitionsentscheidungen und Transformationsprojekte darauf zu begründen. Der Abbau von ineffizienten IT-Lösungen und fehler anfälligen Datenstrukturen gelingt nicht ohne eine nachhaltig entwickelte, betriebswirtschaftlich sinnvolle Digital Roadmap mit strategiekonformen Entwicklungszielen wie einer integrierten Systemlandschaft, dem Aufbau von Fähigkeiten in Datenmanagement und Technologieanwendung sowie einem „Digital Mindset“ im gesamten Unternehmen.
Untersuchung von KI-Potenzialen im Property Management
Diese Zustandsbeschreibungen lassen sich – in graduell sehr unterschiedlichen Ausprägungen – bei einer Vielzahl von Marktteilnehmern beobachten und können somit als Eingangshypothesen für eine unternehmensspezifische Untersuchung von KI-Potenzialen verwendet werden. Als weitere Annahme kann gelten, dass KI als Komponente von Optimierungsmaßnahmen betrachtet wird und sowohl Kosteneffizienz in den Kernaufgaben als auch ein breiteres Serviceportfolio fördern soll. Betrachten wir also an einigen Aufgabenstellungen, wie sich die Gestaltung von Property-Management-Tätigkeiten durch den Einsatz von KI wandeln könnte:
• Vermietung: KI sagt Mietpreise basierend auf verschiedenen Faktoren wie Standort, Ausstattung, Größe und Nachfrage vorher und ermittelt Mietpreise mit optimalen Renditeaussichten. Umlage- und Verlängerungsregeln in Vertragsmustern werden automatisch an eine sich verändernde Rechtslage angepasst. Sekundärdaten werden für Umfeldanalysen verwendet, um Vermietungskonzepte und weitere Services passgenau zu gestalten.
• Mieterkontakt: KI identifiziert Mieter durch Datenabgleich und speichert Information und Quelle. Sie verteilt Mieteranforderungen automatisch, indem sie Anfragen analysiert. Im 1st-Level-Support agieren KI-basierte Chatbots oder virtuelle Assistenten eigenständig, für relevante Ansprechpartner (2nd-Level) analysiert sie Muster in den Mieterdaten und bereitet Handlungsoptionen vor.
• Versicherungsmanagement: KI bestimmt den optimalen Versicherungsschutz anhand Ausstattung, Nutzung und Dienstleistungen und schreibt versicherungsrelevante Ereignisse fort, um Unterdeckung und Verstöße gegen Obliegenheiten zu verhindern.
• Zahlungsverkehr: Über Korrelation von Stammdaten (Objektstandort, Miethöhe, Branche des Mieters) mit Mieterfeedbacks, Sentiment-Analysen und Surveys (Standort, Branche, Makrotrends) gibt KI Warnhinweise für die Liquiditätsplanung aus. Sie überprüft alle Mieteraktivitäten, um Risiken für Zahlungen und andere Vertragspflichten vorherzusehen. Das Handling einer großen Menge von Konten wird durch die Analyse der Buchungstexte unterstützt.
• Controlling: KI ermittelt die Kostenentwicklung im Zeitverlauf und benennt Einflussfaktoren. Anhand der Kostengewichtung werden Budgetannahmen verlässlicher. Sie erkennt verdächtige Aktivitäten oder Abweichungen in Kostenentwicklungen, um Unregelmäßigkeiten oder Betrug frühzeitig zu verhindern.
• Technisches Management: KI stellt Ergebnisse aus Gebäude- und Anlageninspektionen in Vergleich mit historischen Daten und entwickelt effizientere Wartungs- und Reparaturintervalle. Zur Vermeidung von Ausfallzeiten und Reduktion von Wartungskosten hilft KI bei der Überwachung des Zustands von Gebäuden und Anlagen und antizipiert, wann Wartungs- oder Reparaturarbeiten erforderlich sind.
• Dienstleistersteuerung und Betreiberpflichten: Eine automatisierte Gebäudeüberwachung dokumentiert Gebäudemängel in Echtzeit, leitet potenzielle Risiken ab und bereitet Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen vor. In Ergänzung durch Wartungs- und Prüffristen fragen KI-gestützte Verfahren stichprobenartig die Erledigung bei Servicepartnern ab und unterstützen damit die Dienstleistersteuerung. Das Property Management entwickelt Fähigkeiten einer „1st Line of Defence“ innerhalb des Risikomanagements seines Auftraggebers.
• Energieeffizienz: Durch die Überwachung von Energieverbrauchsdaten erkennt KI Muster und Trends und gibt Empfehlungen zur Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden und Mietflächen.
• Sicherheitsmanagement: Unter Verwendung von Daten aus der Überwachung (zum Beispiel mit Sicherheitskameras) und der Analyse von Videodaten erkennt KI potenzielle Sicherheitsbedrohungen und ergreift frühzeitig Maßnahmen, um die Sicherheit von Gebäuden zu verbessern.
• Übergreifend ist es wichtig anzumerken, dass der Einsatz von KI gerade aus Sicht der Nutzer von Immobilien auch ethische und datenschutzrechtliche Fragen aufwirft. Der Schutz der Privatsphäre, der verantwortungsvolle Umgang mit Daten und die Transparenz bei der Verwendung von KI-Technologien sind eine wichtige Aufgabe der Unternehmensführung.
Damit sind praxisnahe Beispiele für den Einsatz von KI beschrieben. Einige mögen im unternehmensspezifischen Umfeld mehr Wirkung versprechen als andere und auch die Umsetzbarkeit muss individuell unter Aspekten wie verfügbarem Know-how im Team und bei IT-Dienstleistern beurteilt werden. Daher ist es hilfreich zu akzeptieren, dass diese Anwendungsfälle sich stetig wandeln und erweitern und zugleich mehr und mehr marktrelevante Lösungen entwickelt werden. Anders gesagt: Der Zeitpunkt für die Auseinandersetzung mit der Technologie war nie günstiger als heute.
Passt der Einsatz von KI zum Unternehmen?
Wichtiger als die endlose Analyse aller möglichen Use Cases ist deshalb der Mut, den Einsatz von KI zu erproben und in betriebswirtschaftlich aussagekräftigen Kriterien zu evaluieren. Dem kann eine SWOT-Analyse für den Einsatz von KI im Property Management vorangehen, die dem Unternehmen als erste Orientierung für die Auseinandersetzung mit der Technologie dient:
Stärken: Effizienzsteigerung, Optimierung von Entscheidungen, verbesserte Kundenbetreuung, gestärktes Risikomanagement Schwächen: Abhängigkeit von Datenqualität, Sicherung der Datenschutzkonformität, Komplexität der Implementierung
Chancen: Automatisierung von Prozessen, Vorhersageanalyse, personalisierte Nutzersteuerung
Risiken: Mangelnde menschliche Interaktion, ethische Überlegungen (Schutz der Privatsphäre, Fairness und Transparenz der Algorithmen), steigende Abhängigkeit von Technologie
Die SWOT-Analyse sollte unternehmensspezifische Rahmenbedingungen berücksichtigen, zum Beispiel indem die obigen Punkte gewichtet werden. Zudem empfiehlt es sich, strategische und andere Leitplanken im Vorfeld zu definieren und zur Plausibilisierung der Analyseergebnisse heranzuziehen.
Fazit/Key Facts:
In einer Arbeitsumgebung, die von ständigem Wandel geprägt ist, hat der Einsatz von künstlicher Intelligenz das Potenzial, schneller und sicherer zu effizienten und präzisen Entscheidungen zu gelangen. Die Fähigkeit, große Mengen an Daten zu analysieren und daraus Erkenntnisse zu gewinnen, ermöglicht es, bessere Vorhersagen über den Zustand von Immobilien zu treffen und Bewirtschaftungskosten zu senken. Zuvorderst steht jedoch die Überprüfung, ob der Wille zum Technologieeinsatz strategisch verankert ist und Entscheidungen darüber betriebswirtschaftlich überprüft werden. Nur dann können ressourcenstarke Tätigkeiten im Property Management durch den Einsatz von KI effizient und wettbewerbsfähig gestaltet werden.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Erstveröffentlichung: KPMG Real Estate Bulletin, Juli 2023