Bestandsaufnahme eines aus dem Gleichgewicht geratenen Wohnungsmarktes
Spricht man Menschen auf den Wohnungsmarkt an, ist die Reaktion selten von Optimismus geprägt. Das liegt an einer gefährlichen Lage, die sich insbesondere im letzten Jahr immer weiter zugespitzt hat. Der Wohnungsneubau ist aufgrund des Marktumfelds aus rasant gestiegenen Zinsen, stark von der Inflation getriebenen Baupreisen, immer höheren energetischen Anforderungen und wegbrechender Förderung in sich zusammengebrochen. Aktuell ist für 2024 nur noch mit ca. 200.000 fertiggestellten Wohnungen zu rechnen – bei einem Bedarf jenseits der 700.000.
Der hohe Bedarf ergibt sich dabei aus einer Kombination aus fehlenden Fertigstellungen des aktuellen und der vergangenen Jahre, dem ungebrochenen Zuzug in die Metropolregionen sowie der hohen Anzahl an Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Zwar kann der Eindruck gewonnen werden, dass die Politik zunehmend verstanden hat, wie sehr es brennt, doch bleibt abzuwarten, ob, wann und in welchem Umfang die erdachten Maßnahmen Wirkung zeigen.
Zur aktuellen Lage
Die Lage des Wohnungsmarktes kann nur als dramatisch bezeichnet werden. Zwar nicht flächendeckend in Deutschland, doch zumindest in den größeren Städten sowie in deren Umland wird es zunehmend schwerer bis unmöglich, Wohnraum zu finden. Weniger Angebot in Kombination mit zunehmender Nachfrage führt zu immer weiter steigenden Preisen. Aufgrund des einbrechenden Neubaus fehlt es dazu an Entlastung durch zusätzliche Wohnungen.
In einer ersten Reaktion wurde seitens der Politik auf Preisregulierung gesetzt und unter anderem mittels Mietpreisbremse und -deckel sowie weiterer Regulierung versucht, für Milderung zu sorgen. Dadurch sollte ein Zeitfenster für die Politik zum Ausbau des Mietwohnungsneubaus geschaffen werden - ohne Erfolg. Die Empirie zeigte hingegen, dass diese Eingriffe in den Markt lediglich zu einem Rückgang des Mietwohnungsangebots und -bestands sowie einem größeren Grau- bzw. Schwarzmarkt führten. Auch zielte die Regulierung überwiegend auf bestehende Mietverhältnisse, so dass „lock-in“-Effekte entstehen und die Situation der Wohnungssuchenden sich aufgrund von fehlendem Angebot noch weiter verschlechtert.
Immerhin wurde erkannt, dass schnell steigende energetische Anforderungen im Neubau in Zeiten immer höherer Refinanzierungskosten stark steigender Preise für Baumaterial problematisch sind. Mangels Mitteln fehlt es bislang allerdings weiterhin an einem ernsthaften Nachfolger des in 2022 abrupt beendeten Neubauförderregimes.
Maßnahmen für die Entlastung des Wohnungsmarktes
Zur Entlastung des Wohnungsmarktes sollte auf beiden Seiten, Angebot und Nachfrage, angesetzt werden. Das Angebot in nachgefragten Lagen kann nur durch Neubau erhöht werden. Unter aktuellen Marktbedingungen für Finanzierung und Bau ist es jedoch selbst bei bestehendem Grundeigentum kaum möglich, Wohnraum zu bauen, der unterhalb von 18 bis 20 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete angeboten werden kann. Addiert man noch Kosten für Grundstück und eine minimale Rendite, beläuft sich der Quadratmeterpreis bereits auf bis zu 25 Euro. Haupttreiber der Kosten sind dabei die hohen Zinskosten, die bis zu einem Drittel der späteren Kaltmiete ausmachen.
Es braucht daher ein umfangreiches Finanzierungsprogramm für den Wohnungsbau sowie eine deutliche Absenkung der energetischen Anforderungen an den Neubau. Nur so kann auch wieder wirtschaftlich gebaut werden und neuer Wohnraum entstehen.
Auf der Nachfrageseite gilt es, den Bedarf auf möglichst effiziente Weise auf den bestehenden Wohnraum zu allokieren. Zum einen sollten Lagen am Rand oder außerhalb der Metropolregionen logistisch besser angebunden werden, um diese zu „aktivieren“. Zum anderen kann über die beschriebene Deregulierung und die Nutzung von Zeitwohnen ein effizienterer Wohnraumverbrauch erfolgen.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Wunderflats GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, November 2023