Zinsen und Baulandmangel bremsen Wohnungsbau
Zu geringe Fertigstellungszahlen beim Neubau sowie hohe Energie- und Baukosten führen 2023 nicht nur zu steigenden Wohnungsmieten, sondern zu einem insgesamt rückläufigen Angebot und damit zu einer Wohnungsnot, die immer Menschen in den deutschen Wachstumsregionen betrifft. Bedingt durch den Zinsanstieg sinken Kaufpreise dennoch weiter und die Transaktionsvolumina verharren auf niedrigem Niveau – allerdings mit guten Chancen auf eine Erholung im institutionellen Marktsegment in der zweiten Jahreshälfte. Komplexe Genehmigungsverfahren und ein ausbaufähiger politischer Wille beim Wohnungsbau wirken zusätzlich als Investitionsbremse. Dies sind wesentliche Ergebnisse der Online-Pressekonferenz „Ausblick Wohnungsmarkt Deutschland 2023 – große Ziele, wenig Handlungsspielraum“, an der Emanuel Eckel, Director Market Intelligence & Foresight Germany bei Colliers, Dr. Simon Kempf, Geschäftsführer der DLE Land Development GmbH, und Juri Ostaschov, Chief Data Scientist bei PREA Group GmbH, jüngst auf Einladung des Beratungsunternehmens RUECKERCONSULT teilnahmen.
Emanuel Eckel erwartet ein deutliches Mietenwachstum an A-, B- und C-Standorten, in diesem und den kommenden Jahren. Die Nachfrage auf dem Mietwohnungsmarkt sei ungebrochen hoch, bei gleichzeitig viel zu geringen Fertigstellungszahlen und hohen Kosten für Energie und Baumaterial. 2022 sei das Angebot an Mietwohnungen in Neubau und Bestand um etwa ein Viertel zurückgegangen. Gleichwohl werde sich die Mietbelastungsquote bei Neuvermietungen trotz des erwarteten Mietenanstiegs auch 2023 im Durchschnitt auf der 30-Prozent-Marke bewegen, so Eckel. Bei Eigentumswohnungen hingegen rechnet er damit, dass sich der Trend leicht sinkender Kaufpreise auch in diesem Jahr fortsetzen wird. Dies gelte insbesondere für ältere, modernisierungsbedürftige Bestandsobjekte. Institutionelle Anleger müssten 2023 mit deutlichen Preiskorrekturen rechnen, die sich im Jahresverlauf mit nachlassendem Druck auf die Zinsen einpendeln werden.
Das höhere Zinsniveau wirkt momentan wie eine Investitionsbremse auf dem deutschen Wohnungsmarkt. Die Zinskosten haben sich verdreifacht und lassen private Investitionen einbrechen. Emanuel Eckel von Colliers machte das in einer Beispielrechnung anschaulich: Wer 2021 über 20 Prozent Eigenkapital verfügte, konnte bei einem Zinssatz von einem Prozent problemlos einen Kaufpreis von 700.000 Euro finanzieren. Beim aktuellen Zinssatz sei mehr als doppelt so viel Eigenkapital bei einer zugleich leicht niedrigeren Tilgungsrate erforderlich, andernfalls reiche es bei gleichem Eigenkapital und gleicher Tilgung nur noch für maximal 400.000 Euro. Ergo: Wer eigenkapitalstark ist, wird auch künftig kaufen können.
Optimistisch blickt Colliers in diesem Jahr auf das institutionelle Segment: Hier könnte sich der Markt nach dem Umsatzeinbruch auf 13,7 Mrd. Euro im vergangenen Jahr ab dem zweiten Halbjahr 2023 wieder erholen. 15, im besten Fall bis zu 20 Milliarden Euro Umsatz seien für das Gesamtjahr 2023 realistisch.
Einen Teil der Lösung, wie der schwächelnde Wohnungsbau hierzulande wieder gestärkt werden kann, sehen die Experten bei Verwaltung und Politik: Nadelöhr für den Wohnungsbau in Deutschland bleibt die Verfügbarkeit baureifer Grundstücke in den Wachstumsregionen, so Dr. Simon Kempf, Geschäftsführer der DLE Land Development GmbH. Genehmigungsprozesse liefen nur zögerlich, weil es in den Kommunen an personellen und finanziellen Ressourcen fehle, um insbesondere größere Liegenschaften zu entwickeln. Hinzu komme das politische Kalkül: Wohnungsbau in der Nachbarschaft ist bei Anwohnern in der Regel nicht populär und für Gemeinden mit Investitionen in die Infrastruktur verbunden. Weil im Gegensatz dazu Gewerbegebiete höhere Gemeindesteuereinnahmen versprechen, gibt es vielerorts Bebauungspläne, die mit dem Blick auf den hohen Wohnungsbedarf dringend optimiert werden müssen.
Aktuell ist DLE nach eigenem Bekunden mit der Baurechtsschaffung für 30.000 Wohnungen vor allem in Berlin-Brandenburg, Nordrhein-Westfalen sowie im Raum München befasst. Dabei sieht sich das Unternehmen als Partner der Gemeinden, mit denen man sehr eng zusammenarbeite und frühzeitig in die Bürgermitbestimmung gehe. Ziel seien in jeglicher Beziehung nachhaltige Quartiersentwicklungen mit einer bedarfsgerechten Infrastruktur, die auch das Leben der Menschen in der Nachbarschaft bereicherten.
Die aktuelle Flächenabnahme durch Projektentwickler beschreibt Kempf als zurückhaltend bis stetig: Die Unternehmen planen sehr langfristig und mit Blick auf den immensen Bedarf, so der Geschäftsführer der DLE Land Development. Viele erwarten politische Impulse, denn das demnächst gebaut werden muss, ist keine Frage. Rückläufige Baulandpreise seien in der Breite nicht zu erwarten. Der Wohnungsbau in Deutschland habe weiterhin hohes Potenzial und große Priorität.
Die Entscheidung für oder gegen eine Investition kann heute für jede Adresse in Deutschland auf Grundlage einer fundierten und umfassenden Analyse von Lage, Marktdynamik, Preis, Angebot- und Nachfrage sowie soziodemografischem Wachstum getroffen werden. Das ist die Domäne des Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens PREA, das mittels künstlicher Intelligenz Wertzuwächse im Immobiliensektor schafft. Mit der inhouse entwickelten Datenanalyse-Plattform area OX1 (OX1) erhalten Unternehmen binnen weniger Tage Insights zu nachhaltiger Preisgestaltung, idealem Wohnungsmix und Vermarktungsstrategie zu jeder Lage in Deutschland. Das ermöglicht auch in herausfordernden Zeiten zukunftsfähige Standorte frühzeitig zu sichern.
Juri Ostaschov, Chief Data Scientist von PREA, zeigt dies exemplarisch am Beispiel der Stadt Werder bei Potsdam, die bislang nicht unbedingt im Fokus von Wohninvestoren lag. Das Potenzial dort sei groß, denn im Vergleich zu Berlin könne in Werder bezahlbarer Wohnraum zum durchschnittlichen Mietpreis von weniger als 16 Euro pro Quadratmeter entstehen. Die Einkommensentwicklung und Zuzüge entwickelten sich positiv: Langfristig werde der Bedarf steigen und das Angebot weiter sinken, so Ostaschov. Aktuell bestehe schon ein Nachfrageüberschuss von mehr als 60.000 Quadratmetern, ohne Aussicht auf Kompensation durch Neubauvorhaben. Zudem seien die Gebäudetypen im Bestand geprägt von Altbau sowie Ein- und Zweifamilienhäusern.
Viele kleinere Orte im Berliner Umland bieten weiterhin erhebliches Investmentpotenzial für neue Wohnungen, die vor allem bezahlbar sind. Es lohne sich also einen Blick auf kleinere Städte und Orte zu werfen, die bislang nicht im Fokus standen, so der Experte. Was für das Umland von Berlin gilt, scheint unter den aktuellen Voraussetzungen auch generell eine sinnvolle Strategie auf dem deutschen Wohnungsmarkt zu sein.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Colliers, DLE Land Development GmbH, PREA Group GmbH, RUECKERCONSULT
Erstveröffentlichung: Pressemitteilung vom Februar 2023