31.03.2016

Auf der Suche nach Alternativen

Partyende auf dem Wohninvestmentmarkt

Kai Wolfram, Geschäftsführender Gesellschafter, Engel & Völkers Investment Consulting GmbH
Kai Wolfram

2016 wird die große Party auf dem Wohninvestmentmarkt zu Ende gehen. Der Grund dafür ist ein zunehmend leergefegter Wohnungsmarkt. Vor allem große Marktteilnehmer sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen und haben zahlreiche Portfolien aufgekauft, die nun nicht mehr auf dem Markt angeboten werden. Das ist ein großer Unterschied zur Situation auf dem Investmentmarkt in der Boomphase von 2004 bis 2008. Heute wird lediglich der “Beifang“ aus den großen Portfolien wieder auf den Markt gebracht. Allerdings kommen hier aufgrund der geringen Anzahl der Objekte oft keine institutionellen Käufer mehr in Frage, sondern private Investoren.

Zudem wird sich der Nachfrageüberhang in den kommenden Jahren eher vergrößern als verringern – nicht zuletzt durch die deutlich steigende Bevölkerungszahl in den Metropolen, u.a. bedingt durch die hohe Anzahl von Geflüchteten in Deutschland. Daran wird der der anziehende Neubau so schnell nichts ändern: Allein in Berlin wurden im Jahr 2014 beispielsweise rund 9.000 neue Wohnungen gebaut und der Bau von etwa 19.000 Wohnungen genehmigt. Die Zahl der Haushalte stieg jedoch im selben Zeitraum mit 30.700 erheblich stärker. Ein weiteres Beispiel ist Hamburg. Hier stieg die Bevölkerung um rund 16.500, die Zahl der neuen Wohnungen lag jedoch nur bei rund 6.100, genehmigt wurden immerhin 9.700. Die Zahlen zeigen: Die Neubauzahlen mögen zwar anziehen. Die Nachfrage steigt aber in deutlich stärkerem Maß.

Trotz der zunehmend engeren Märkte bleibt die Investitions- und Übernahmelust im deutschen Immobilienmarkt aber ungebrochen. Die Kauflust der privaten Investoren war im Jahr 2015 sehr hoch, die der börsennotierten Wohnungsunternehmen mindestens gleich hoch. Niedrige Finanzierungskosten machen eine Investition in Wohnimmobilien attraktiv, während viele alternative Anlageformen nach wie vor eine zu geringe Rendite abwerfen. Da der auf dem Markt angebotene Bestand in vielen Städten knapper wird, weichen viele Investoren bereits auf Spezialimmobilien wie „Studentisches Wohnen“ aus oder denken vermehrt über Neubauentwicklungen nach. Denn in beiden Fällen können Investoren noch hohe Renditen erzielen. Zudem ist das Risiko bei der Assetklasse „Studentisches Wohnen“ vergleichbar gering wie im klassischen Wohnsegment. Bei Projektentwicklungen lässt sich das Risiko durch Finanzierungsmodelle wie Forward-Funding ebenfalls reduzieren.

Ein weiterer Trend ist das Ausweichen auf B-Städte. Zwar entfielen nach Angaben von Savills im Jahr 2015 immer noch 29 Prozent aller gehandelten Wohnimmobilien auf die Top-7-Standorte. Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre betrug der Anteil dieser Städte jedoch noch 35 Prozent. Zu den Städten mit den meist gehandelten Wohnungen zählten bereits 2015 auch B-Städte, etwa Dresden, Leipzig und Hannover. Die dezentrale Struktur des deutschen Marktes im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie England oder Frankreich erweist sich für viele Investoren als Vorteil. Während sich dort das Investmentgeschehen auf die Großräume London oder Paris konzentriert, bieten sich in Deutschland zahlreiche alternative Investment-Standorte an. Jedoch gibt es kaum Akteure auf dem deutschen Markt, die über ein flächendeckendes und engmaschiges Netzwerk verfügen, um alle Standorte gleichzeitig sondieren zu können.

Fest steht: Auch wenn die Kaufpreise weiter ansteigen, wird das Wohnimmobilientransaktionsvolumen 2016 nicht mehr zunehmen. Dies liegt schlicht an der großen Knappheit von Objekten. Umso wichtiger wird es, auch abseits der großen Metropolen frühzeitig interessante Objekte auf dem Markt zu identifizieren.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Engel & Völkers Investment Consulting GmbH
Erstveröffentlichung: Die Immobilie, Februar 2016