15.03.2021

Amerika in Bewegung

Thomas M. Baur, Geschäftsführer, GTIS Germany GmbH
Thomas M. Baur

In einer Zeit in der Ausgangsbeschränkungen die tägliche Mobilität zum Erliegen bringen, scheint sich die Binnenmigration zu verstärken, da sich das Arbeits-, Schul- und Lebensumfeld der Menschen durch die Pandemie verändert. Die Nachrichtenlage über die Gesundheitskrise in New York und anderer Gateway Cities in den USA vermittelt den Eindruck, dass die Menschen diese Megametropolen verlassen - viele von ihnen dauerhaft.

Von urbanem zu suburbanem Leben
Für demografische Entwicklungen, die bereits seit einiger Zeit im Gange sind, wirkte COVID-19 als Katalysator. Hierdurch verstärkte sich u.a. die Präferenz der Millenialgeneration für das vorstädtische Leben, da hier die Voraussetzungen für eine Familiengründung aufgrund von bezahlbarem Wohnraum, Gesundheits- und Sicherheitsaspekten sowie einem besseren öffentlichen Schulsystem vorteilhafter sind.

Seit 2011, dem Hochpunkt der Häuserkrise, sank das Bevölkerungswachstum in den Kernstädten kontinuierlich von damals rd. 1 Prozent auf aktuell 0,1 Prozent. In etablierten Vorstädten hingegen stieg es mit 1 Prozent p.a. oder mehr beständig an. Ein ähnliches Wachstum zeigte sich auch in neu entstehenden Vorstädten und außerstädtischen Orten.

Dieser Wandel wirkt sich bereits auf die Entwicklung von Mieten und Häuserpreisen aus. Die konsolidierten Daten von Apartments.com zeigen, dass Wohnungsmieten im Augustvorjahresvergleich in den Kernstädten im Durchschnitt um mehr als 4 Prozent gefallen und in den Vorstädten um 1 Prozent gestiegen sind. Auch die Leerstände sind in den Kernstädten von 5,9 Prozent vor COVID-19 auf aktuell 8 Prozent gestiegen und in den Vorstädten um 50 Basispunkte auf 5,1 Prozent gesunken.

Auf nach Süden
Die Zunahme der Binnenmigration hat tieferliegende Gründe als nur den simplen Wunsch an einem Ort mit geringerer Besiedelungsdichte zu wohnen. Megametropolen wie New York und San Francisco verlieren zum Teil ihren Status als Jobmotor für Berufseinsteiger an Schwarmstädte im Sun Belt, die junge Talente wie ein Magnet anziehen. Zensusdaten zeigten bereits 2019 an, dass u.a. die Städte Austin, Phoenix, Las Vegas, Raleigh Charlotte und Nashville eine starke Binnenzuwanderung erfahren, wohingegen New York, Los Angeles und Chicago mit der Stadtflucht zu kämpfen haben. Lediglich die Technologiehochburgen Boston und die Bay Area konnten aufgrund der internationalen Zuwanderung noch wachsen. Letztere wird voraussichtlich durch die jüngste Migrationsdebatte und globale Pandemie zum Erliegen kommen.

Die sich verstärkende Wanderungsbewegung von dichtbesiedelten Metropolen in Vorstädte und vom Snowbelt in den Sunbelt wird erst in einigen Monaten in den Zensusdaten ablesbar sein. Die Echtzeitdaten des Umzugsunternehmens U-Haul geben bereits heute einen Einblick in diese. Ein positiver Betrag auf der USA-Karte impliziert eine Zuwanderung (In-Migration) in die jeweilige Stadt, d.h. die Anmietung eines Möbelwagens für den Umzug in diese Stadt wurde im Jahresvergleich (2020 vs. 2019) teurer. Dies ist ein Indiz dafür, dass Städte im Sunbelt einen starken Zuzug, zumindest von U-Haul-Kunden, erfahren.

Diese verstärkte Binnenwanderung hat viele Einflussfaktoren, u.a. folgende:
-    Gesundheits- und Sicherheitsaspekte schwächen sich mit der Verfügbarkeit eines Impfstoffes vermutlich ab
-    Verstärkte Homeoffice Nutzung ändert den Bedarf an zentral gelegenen Büroflächen in den CBDs der Gateway Cities
-    Fiskalpolitik zur Schließung der Finanzlöcher in den Haushalten der Kommunen prägt die Entwicklung der Städte in den kommenden Jahren
-    Entscheidung der Millenialgeneration hinsichtlich der Arbeitsplatz- und Familienstandortwahl prägt die Entwicklung des Immobilienmarktes, weitestgehend unabhängig von der Pandemie, langfristig und nachhaltig

Im Gesamtbild zeichnet sich ab, dass die Städte im Sun Belt von den sozialen und ökonomischen Veränderungen der Pandemie profitieren und eine Investmentstrategie sollte sich an diesem veränderten Opportunitätsumfeld ausrichten.

Preisdifferenz Anmietung Möbeltransporter für Umzug in eine Stadt 2020 vs. 2019

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Quelle: John Burns

 

Bevölkerungswachstum – Kernstadt vs. Vorstadt

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Quelle: US Census

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Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von GTIS Germany
Erstveröffentlichung: FondsBuch

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