09.04.2025

Unbeabsichtigte Folgen

Skepsis in der Immobilienwirtschaft zu den Auswirkungen des Sondervermögens

Peter Müller, Kommunikationsberater und Karrieretrainer, RUECKERCONSULT GmbH
Peter Müller

Eine Grundgesetzänderung musste her, um die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse zu lockern und den Weg für das Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur freizumachen. Indirekt sollte der Geldsegen auch in der Immobilienwirtschaft für positive Impulse sorgen – möchte man meinen. Hört man sich allerdings in der Branche um, so überwiegen Skepsis und eine differenzierte Kritik. Die erhebliche Neuverschuldung hat ihren Preis. Und ohne eine Reihe begleitender Maßnahmen, die schon lange auf dem Wunschzettel stehen und unabhängig von neuen Schulden realisierbar sind, wird das viele Geld kaum positive Wirkungen in der Immobilienwirtschaft erzielen. Stimmen aus der Branche:

„Kurzfristig stehen Immobilieninvestoren vor steigenden Finanzierungskosten“, sagt Felix von Saucken, CEO von Colliers in Deutschland und weist damit auf die nach der Ankündigung des Sondervermögens sprunghaft gestiegenen Bauzinsen hin, die sich an der Rendite für Bundesanleihen orientieren. Die staatlichen Investitionen könnten langfristig das Wirtschaftswachstum stützen, aber entscheidend sei, wie sich die Anleihemärkte und die EZB-Zinspolitik ausbalancieren. Mieter müssten mit steigenden Mieten rechnen.

Gerhard Lehner, Head of Germany bei Savills Investment Management, geht zwar von kurzfristig positiven Effekten für die Wirtschaft aus, betont aber die Notwendigkeit struktureller Reformen für Wirtschaft und staatliche Institutionen. „Dazu zählen für die Immobilienwirtschaft zum Beispiel die Vereinfachung des Baurechts und der Genehmigungspraxis sowie die schnellere Schaffung von Bauland in Metropolregionen.“ Er hält einen zielgerichteten Einsatz der finanziellen Mittel für wichtig, etwa im sozialgerechten Wohnungsbau und im Ausbau einer klimaneutralen Energieinfrastruktur. Auch Lehner weist auf die erhöhten Finanzierungskosten hin und schließt inflationstreibende Auswirkungen nicht aus, die zu einer strafferen Zinspolitik der EZB führen können. Langfristig gesehen bleiben für ihn stabile Mieterträge mit langen Laufzeiten und Indexierung wichtiger als die Hoffnung auf schnelle Wertsteigerungen aufgrund sinkender Marktrenditen. Resiliente Nutzungsarten wie Logistik oder Lebensmitteleinzelhandel versprechen hier Sicherheit. Für höhere Investitionen in Wohnimmobilien sei die richtige Kombination aus privaten und staatlichen Mitteln des Sondervermögens nötig.

Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, bewertet die Folgen des Sondervermögens ähnlich. Er geht von einer Unterstützung der Konjunktur aus und damit von Nachfrageimpulsen nach Produktions-, Logistik- oder Büroflächen. Von Mitteln für bezahlbares Wohnen bzw. die Förderung des Neubaus sei dagegen kaum auszugehen. Die Verteuerung der gewerblichen Immobilienfinanzierung sieht er ebenfalls als Problem.

„Wichtig sind stabile Rahmenbedingungen die für unsere Unternehmen und Unternehmer wieder planbarere Zukunftsperspektiven ermöglichen“, sagt Wolfgang Heid, Geschäftsführer von FAY Projects. Auch er sieht positive Folgewirkungen eher in der langfristigen Perspektive und im Bereich der Gewerbeimmobilienmärkte.

Lars Meisinger, CEO der Periskop Partners AG, weist darauf hin, dass Geld alleine die Probleme nicht lösen wird. „Damit das Sondervermögen seine volle Wirkung entfalten kann, müssen Planungs-, Genehmigungs- und Vergabeprozesse jetzt radikal verkürzt werden – hier liegt die größte Herausforderung für die Bundesregierung. Andernfalls droht der Effekt zu verpuffen.“ Die Auswirkungen des Sondervermögens auf den Immobilienmarkt lassen sich seiner Meinung nach nicht pauschal vorhersehen. Sie seien komplex und mehrdimensional und würden je nach Sektor und Region unterschiedlich ausfallen. Mittel- bis langfristig geht er von positiven Effekten aus, kurzfristig sieht er allerdings Herausforderungen für die Immobilienbranche.

Laut Philip C. Hetzer, Geschäftsführer von DAHLER Invest, werden Immobilieninvestoren infolge der Neuverschuldung mit höheren Hypothekenzinsen und dadurch wachsenden Renditeanforderungen konfrontiert. Beides könne sich mit zeitlicher Verzögerung in rückläufigen Preisniveaus für Wohn- und Geschäftshäuser niederschlagen. „Die gestiegene wirtschaftliche und weltpolitische Verunsicherung und auch die perspektivisch höhere Inflation vergrößern den Kreis der Interessenten“, sagt er. „Vielen scheint es plötzlich attraktiv, Vermögensteile auf längere Zeit in Immobilien anzulegen, zumal sie als Darlehensnehmer von der Geldvermehrung profitieren würden.“

„Bereits die Ankündigung des Finanzpakets hat kurzfristig zu einem deutlichen Zinssprung geführt“, bestätigt auch Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Auch er bleibt skeptisch und rät institutionellen Anlegern, nicht auf Subventionen oder Finanzpakete zu setzen, sondern in Sachwerte zu investieren, die sich als konjunkturunabhängig erwiesen haben und Megatrends folgen. Dazu zählten beispielsweise Immobilien für Rechenzentren, ambulante medizinische Versorgungseinrichtungen und Lebensmitteleinzelhandel.

Carsten Demmler, Geschäftsführer der HIH Invest Real Estate, weist gleichermaßen auf die dunklen Wolken am Finanzierungshorizont hin und beschreibt die langfristigen Folgen: „Die Refinanzierungskosten für Banken steigen, was sich unmittelbar in höheren Kreditzinsen niederschlägt. In den kommenden Jahren laufen Immobilienkredite in Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro aus, viele Kreditnehmer werden bei den Anschlussfinanzierungen mit erheblich höheren Kosten umgehen müssen. Daraus resultieren Finanzierungsprobleme, Projekte und auch Unternehmen werden ins Schwanken geraten und wir werden weitere Insolvenzen am Markt sehen. Auch für Privathaushalte mit geringer finanzieller Resilienz kann das bei Baukrediten zu existenziellen Belastungen führen. Zudem wirken staatliche Ausgabenprogramme in dieser Größenordnung tendenziell inflationstreibend.“ Demmler geht durch die Kombination aus Inflation, höheren Zinsen und stagnierenden Reallöhnen von einer sinkenden Kaufkraft der Bevölkerung aus. Die Finanzierungsfähigkeit nehme ab – insbesondere bei jungen Haushalten. Das führe auch zu einer weiteren Dämpfung der Nachfrage im privaten Immobiliensegment. Höhere Zinsen auf die Bundeswertpapiere versprechen Investoren höhere Renditen bei gleichzeitig geringem Risiko. Weniger liquide Immobilieninvestments haben laut Demmler das Nachsehen. So würden im Rahmen von Portfolioallokationen einige Investoren eine Umschichtung vornehmen und weniger auf Immobilien und vermehrt auf Staatsanleihen setzen. Um insbesondere in den Wohnungsbau voranzubringen sei auch für ihn der Abbau von Investitionshemmnissen durch Regulierungen, ausufernde Genehmigungsverfahren und Fehlanreize unverzichtbar.

Friedrich Eschenbaum, Geschäftsführer Praeclarus Invest, sieht zwar einerseits die Notwendigkeit, die  marode Infrastruktur zu modernisieren die die Wirtschaft spürbar beeinträchtigt und das Potenzial, die Konjunktur erheblich anzuschieben und damit auch wertvolle Impulse für die Immobilienwirtschaft zu setzen. Andererseits verteuert das Investitionspaket die Immobilienfinanzierung durch die höheren Kreditzinsen. Die Investitionen seien laut Eschenbau auf Maßnahmen zu konzentrieren, die zusätzliches wirtschaftliches Wachstum mit sich bringen. „Nur dann sind sie langfristig nachhaltig und machen etwaige Zinseffekte wieder wett.“

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von RUECKERCONSULT GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, April 2025

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