Digitales Baustellenmanagement
Erfolgreiche Bauprojekte sind auf eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure wie Planer, Entwickler und ausführende Unternehmen angewiesen. Dabei sind nicht selten 30 Unternehmen und mehr an Bauprojekten beteiligt. Für die Koordination und das Management dieser vielschichtigen Prozesse nutzen Auftraggeber wie Bauträger oder Generalübernehmer oft noch Ausdrucke und Exceldateien. Wird stattdessen ein digitales Baumanagement verwendet, kann die Effizienz bei Bauprojekten um bis zu 70 Prozent gesteigert werden.
„Digitalisierung“ ist das Schlagwort dieses Jahrzehnts. Neue Technologien wie Building Information Modelling (BIM), Künstliche Intelligenz oder die Blockchain ebnen den Einzug digitaler Tools in die Immobilienbranche. Zahlreiche Prozesse können somit digital abgebildet und effizienter gestaltet werden. Welche Potenziale mit der Anwendung eines digitalen Baumanagementtools genutzt werden können, zeigt der Neubau einer Logistikhalle mit Büroflächen im niederbayerischen Straubing. Es handelt sich um ein Projekt des auf Industrie- und Gewerbeobjekte spezialisierten Bauunternehmens BREMER, das den Bau als Generalübernehmer errichtete. An der Projektentwicklung waren darüber hinaus neben dem Bauherrn, dem künftigen Mieter, Projektsteuerer und diversen Planern auch über 35 weitere Firmen als Nachunternehmer involviert. Auf einem Areal von rund 55.000 Quadratmetern wurde eine 9.000 Quadratmeter große stützenfreie Umschlaghalle sowie ein viergeschossiger Bürobau mit 3.100 Quadratmetern Fläche errichtet. Beide Gebäudeteile sind durch einen zweigeschossigen Bau miteinander verbunden.
Die digitale Baustelle
Für eine termingerechte Fertigstellung und effiziente Zusammenarbeit aller Akteure ist ein Überblick über alle Bauprozesse und deren Dokumentation entscheidend. Hier knüpft das digitale Baumanagement an. BREMER setzte die webbasierte SaaS-Lösung PlanRadar für die Restarbeitendokumentation, für die interne Brandschutzdokumentation wie auch in der Kommunikation mit allen Projektbeteiligten ein. PlanRadar bündelt als zentrale Plattform alle Informationen zu Projektstatus, Baudokumentation und Mängelmanagement. Indem die gesamte Gebäudeplanung in der Applikation eingestellt wurde, konnte die Baustelle Schritt für Schritt online abgebildet werden. Alle am Bau Beteiligten waren über zuvor erteilte Zugangsberechtigungen in das digitale Baustellenmanagement einbezogen. Dem Bauherrn ist jederzeit von überall aus ein Einblick in den Projektfortschritt möglich. Fehlerquellen können frühzeitig identifiziert und behoben werden. Die lückenlose Dokumentation schmälert nicht nur den zeitlichen Dokumentationsaufwand nach Projektabschluss, sondern spart auch Zeit bei der Beweissicherung. Zu allen relevanten Aspekten liegen detaillierte Informationen strukturiert in der Applikation vor. Dabei kann das System nicht nur online, sondern auch offline genutzt werden.
Mängel virtuell managen
Um konkrete Arbeitsaufträge digital im System abzubilden und nachverfolgen zu können, wird PlanRadar vergleichbar einem Ticketsystem genutzt. Die Erfassung und Bearbeitung der Tickets erfolgen direkt auf dem digitalen Bauplan per mobilem Endgerät oder vom PC aus. Für die Bearbeitung werden neben der Position im Bauplan auch konkrete Informationen via Sprach- und Textnachricht hinterlegt. Darüber hinaus stehen mit Fotos, klar definierten Rollen und Verantwortlichkeiten, Fristregelungen sowie dem aktuellen Projektstatus alle notwendigen Informationen jederzeit für die Bearbeitung zur Verfügung. Sämtliche Arbeitsschritte sind im System ebenso dokumentiert und im digitalen Plan nachvollziehbar punktiert. Mit Änderung des Status einer Aufgabe im Gebäude werden alle zuständigen Akteure per Direktbenachrichtigung informiert. Somit sind nicht nur Auftraggeber und Auftragnehmer, sondern auch alle anderen Projektbeteiligten entsprechend ihrer Rollen und Sichtrechte jederzeit auf dem aktuellsten Stand, egal an welchem Standort sie sich befinden. Für die beteiligten Subunternehmer ist die Nutzung des PlanRadar-Systems kostenfrei.
Effizienzgewinn
Die direkte Abstimmung aller Akteure vereinfacht die Kommunikation im Rahmen des Projektes und konnte die Fehleranfälligkeit gegenüber früheren Projekten, bei denen das Baustellenmanagement analog erfolgte, spürbar senken. Fand die Dokumentation zuvor noch per Kamera, Diktiergerät und Notizblock statt, werden mit der Digitalisierung der bisher analogen Arbeitsprozesse insbesondere Verantwortliche wie der Bauleiter entlastet. Das sonst übliche Nacharbeiten der Baustellenbegehungen aus dokumentierten E-Mails, Excellisten sowie der Bild- und Tonaufnahmen entfiel. Laut Schätzungen von BREMER konnten beim Projekt in Straubing etwa zwei Bauleitermonate sowie zwei Monate für eine Baustellensekretärin eingespart werden. Darüber hinaus wurden auch Effizienzgewinne bezüglich der vereinfachten Abstimmungsprozesse gegenüber der herkömmlichen Kommunikation bemerkt. Im Zuge des Abnahmeprozesses mit dem Bauherrn schätzt BREMER, dass rund ein Bauleitermonat eingespart werden konnte. Zudem habe sich der Abwicklungsprozess über das gesamte Projekt hinweg qualitativ verbessert. Für eine einwandfreie Nutzung der Software hat BREMER die individuelle Einweisung aller am Projekt beteiligten Personen vor dem Baustart übernommen.
Die Fertigstellung des Neubaus mit 12.100 Quadratmetern Bruttogeschossfläche konnte im Januar 2019 nach einer zwölfmonatigen Bauzeit termingerecht erfolgen und an den Nutzer Kühne + Nagel übergeben werden. Das Unternehmen BREMER hat PlanRadar seit 2019 unternehmensweit eingeführt. Über die Baudokumentation hinaus besteht die Option, auch die Planung, den Betrieb und ein eventuelles Refurbishment über das Tool abzubilden.
Im Zeitalter der Digitalisierung entscheidet vor allem auch die Kompatibilität einer digitalen Lösung mit anderen Tools, um sich möglichst effizient in die jeweilige Digitalisierungsstrategie der Nutzer zu integrieren. Aus diesem Grund ist eine Anbindung an externe Programme beziehungsweise Datenbanken über eine sogenannte API ein wesentlicher Bestandteil der Funktionalität.
Foto Logistikobjekt Kühne+Nagel Straubing BREMER
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von PlanRadar
Erstveröffentlichung: Build-Ing. Heft 5 | 2019